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Biomonitoring-Projekt Bund bittet zum Bluttest

Das Bundesamt für Gesundheit will untersuchen, wie viel Chemie die Menschen hierzulande in ihren Körpern haben. Der Pilotversuch ist nicht unkritisch, sagt Chemikerin und SRF-Wissenschaftsredaktorin Cathrin Caprez.

SRF News: Warum lanciert der Bund ein Human-Biomonitoring-Projekt?

SRF-Wissenschaftsredaktorin Cathrin Caprez: Man möchte damit den Ursachen verschiedener Erkrankungen auf die Spur kommen; insbesondere nicht übertragbaren Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs. Human-Biomonitoring-Programme haben sich in anderen Ländern bereits bewährt. Zum Beispiel konnte man so nachweisen, dass die Menge an giftigem Blei im Blut der Menschen deutlich zurückging, seit verbleites Benzin verboten ist.

Gibt es in der Schweiz noch keine solchen Untersuchungen?

In der Schweiz gibt es bis heute keine systematischen Untersuchungen, nur vereinzelte Studien dazu. Wir liegen relativ weit zurück hinter Ländern wie Deutschland, Kanada oder Belgien. Das vorläufige Ziel des Biomonitoring-Programms des BAG ist es somit auch, erstmals ein repräsentatives Bild zu bekommen. Etwa davon, wie viel Weichmacher wir in unseren Körpern haben, oder auch Brandhemmer, Pestizide oder hormonaktive Stoffe aus Kosmetika.

Vorderhand interessieren das BAG vor allem Krankheiten wie Diabetes oder Krebs – Krankheiten, die über einen langen Zeitraum behandelt werden müssen und damit auch sehr teuer sind für das Gesundheitssystem. Man möchte genauer wissen, welche Chemikalien im Alltag einen negativen Einfluss auf sie haben.

So funktioniert der Biomonitoring-Pilotversuch

  • Die freiwilligen Probanden geben Blut- und Urinproben sowie eine Haarsträhne ab. Diese werden auf eine Vielzahl von Chemikalien untersucht.
  • In einem Fragebogen geben die Personen Auskunft über ihre Lebensumstände, ihr Essverhalten, ihre bisherigen Erkrankungen, wo sie wohnen usw.
  • Die gemessenen Konzentrationen an Chemikalien stellen die Forscher dann in Zusammenhang mit den Lebensgewohnheiten und allfälligen Erkrankungen.
  • Der Pilotversuch startet mit 1000 Personen. 2021 beginnt ein umfassendes Programm.

Der Bund will teils intime Daten sammeln. Ist das nicht problematisch?

Das ist tatsächlich nicht ganz unkritisch. Es ist ein entscheidender Punkt im ganzen Programm, dass die Teilnehmenden sich dabei sicher fühlen, wo ihre Daten nun liegen. Wenn das Human-Biomonitoring-Programm 2021 anläuft, sollen diese Blut-, Urin und Haarproben in einer Biobank aufbewahrt werden. Damit kann man auch rückblickend sehen, wie eine Belastung durch eine Chemikalie sich entwickelt hat. Das kann sehr aufschlussreich sein.

Aber weil es auch um Krankheiten geht, sind es sensible Daten, die separat von Messergebnissen aufbewahrt werden müssen – ebenso wie die persönlichen Daten der Probanden, die sorgfältig verschlüsselt aufbewahrt werden müssen.

Das Gespräch führte Nicoletta Cimmino.

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