Die Staatsanwaltschaft wirft dem 46-jährigen Arzt vor, Patienten bewusst und ohne therapeutischen Zweck verbotene Mittel verschrieben zu haben. Beispielsweise Anabolika, andere anabol wirkende oder sonstige Substanzen. Mindestens 82 Fälle werden dem Mann zur Last gelegt. Seine Kundschaft stammte aus der Bodybuilding- und Fitnessszene und war vorwiegend männlich.
Er sei gegen Doping im Spitzensport, sagte der 46-Jährige. «Aber hier geht es um Freizeit, um Aussehen, um persönliches Wohlbefinden.» Die Verwendung von Testosteron und anderen Substanzen sei in der Fitnessszene insofern ein Problem, als es in einer hohen Dosierung eingenommen werde.
«Es gibt viele Faktoren, die dazu führen, dass eine Person zu Testosteron greift.» Seine Strategie sei es gewesen, solche Leute abzuholen, «bevor sie irgendwo landen, im totalen Nirwana». Es habe keine Beratungsangebote gegeben. «Es war besser, die Leute kamen zu mir und der Konsum war kontrolliert, als dass sie irgendwo hingingen.»
Diese Leute hätten sich die Substanzen sonst andernorts besorgt. Er habe Schadensminderung betrieben. «Wie wollen wir mit dem Bedürfnis umgehen?», fragte er den Gerichtspräsidenten und gab sich die Antwort gleich selber: «Ich weiss es nicht.» Er sei offen für Vorschläge.
Ich hatte die Wahl zwischen Pech und Cholera.
Nichts zu tun und seinen Patienten nicht zu helfen, sei keine Option gewesen. Auch wenn ihm bewusst gewesen sei, dass er mit seinem Verhalten mit dem Gesetz in Konflikt kommen könnte: «Ich hatte die Wahl zwischen Pech und Cholera.» Sein Verteidiger fordert einen Freispruch.
Die Staatsanwaltschaft sieht im Angeklagten jedoch nicht einen Helfer, sondern einen Coach, der seinen Kunden mit verbotenen Mitteln geholfen hat, ihre Leistungsziele zu erreichen. Verräterisch seien die Einträge in den Patientendossiers. Dort sei nie die Rede davon gewesen, wie der Patient von Anabolika loskommen könnte.
Ausserdem habe er als Arzt die Dokumentationspflicht verletzt, weil er keine Rezepte im Patientendossier abgelegt habe, so die Staatsanwaltschaft. Sie beantragt eine bedingte Freiheitsstrafe von 20 Monaten mit einer Probezeit von zwei Jahren. Über ein mögliches Berufsverbot soll die kantonale Gesundheitsdirektion entscheiden.
Der Arzt konsumierte selber Anabolika
«Dr. Pump» erschien vor Gericht im Anzug und mit breiter Brust. Matthias Thomi, SRF-Korrespondent, der den Prozess in Bern verfolgt, sagt, der Angeklagte sei eine Erscheinung: «Man sieht ihm an, dass er auch heute noch Bodybuilding macht.»
Beim Prozess am Donnerstag ist bekannt geworden, dass der Arzt selber Anabolika konsumiert hatte. Aus heutiger Sicht sei sein Konsum problematisch gewesen, so der 46-Jährige. Aktuell nehme er Ersatzmedikamente, verschrieben von einem Arzt. Denn es sei extrem schwierig, von einem hohen Anabolikakonsum ganz loszukommen.
Gegenwärtig betreut der Arzt keine Personen mehr aus dem Kraftsport. «Ich habe damit aufgehört, nach der ganzen Story.» Aktuell arbeitet er in einem Departement des Bundes. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Das Urteil vom Regionalgericht Bern-Mittelland wird nächsten Dienstag erwartet.