Der Bundesrat zeigt sich irritiert über die EU. Sie will die Gleichwertigkeit der Schweizer Börsenregulierung nur bis Ende 2018 anerkennen und alles weitere von Fortschritten beim verlangten Rahmenabkommen abhängig machen. Bundespräsidentin Doris Leuthard machte heute unzweideutig ihren Unmut gegenüber Brüssel deutlich. Dort hat sich allerdings eine geeinte Front gegen die Schweiz aufgebaut, berichtet SRF-Korrespondent Oliver Washington.
SRF News: Was hat die Reaktion des Bundesrats auf den Börsenentscheid in Brüssel ausgelöst?
Nicht viel. Die EU-Kommission weiss, dass sie für ihre Haltung die Unterstützung von 27 der 28 EU-Mitgliedstaaten hat. Einzig das Vereinigte Königreich hat sich der Stimme enthalten. Wichtig ist: Die Kommission hat diese Schweiz-Frage sogar letzte Woche beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs zur Diskussion gestellt. Sie hat also die Rückendeckung der allerhöchsten politischen Ebene in der EU. Und das ist wichtig zu betonen: Es geht nicht nur um die EU – auf der anderen Seite stehen eben auch Berlin, Paris, Rom und so weiter.
Wieso stellt sich die EU bei diesem Gleichwertigkeitsabkommen für die Schweizer Börse so quer?
Die EU sagt, dass es hier nicht um die Börse gehe, sondern um das Rahmenabkommen, also um die mangelnden Fortschritte in dem Dossier. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker soll sich seit seinem Amtsantritt mit keinem anderen Regierungspräsidenten eines Drittstaates so oft getroffen haben wie mit dem jeweiligen Schweizer Bundespräsidenten.
Auch wenn die Empörung in der Schweiz gross ist: Die EU verlangt nichts Unmögliches.
Und jedes Mal soll Juncker betont haben, ist hier in Brüssel zu hören, wie wichtig dieses Rahmenabkommen für die Kommission und eben auch die Mitgliedstaaten sei. Passiert sei aber nicht viel. Brüssel hat offensichtlich auch das Vertrauen nicht, dass es in den nächsten Monaten kommen könnte. Deshalb baut die EU nun diesen politischen Druck auf.
Doris Leuthard sagte, dass die Ankündigung der EU, das Äquivalenzabkommen für die Schweizer Börsen auf ein Jahr zu beschränken, eine klare Diskriminierung sei und daher nicht rechtens. Das sieht die EU anders?
In der Tat. Sie sagt etwas salopp, dass es kein Menschenrecht auf eine solche Äquivalenz gebe. Trotzdem ist die Aussage des Bundesrats sehr interessant: Sie liefert quasi das beste Argument für ein solches Rahmenabkommen. Denn erst mit einem solchen Abkommen könnte die Rechtmässigkeit des Vorgehens der EU überprüft werden.
Was betont werden muss, auch wenn die Empörung in der Schweiz gross ist: Die EU verlangt meines Erachtens nichts Unmögliches. Die EU sagt nicht, dass dieses Rahmenabkommen bis in einem Jahr unter Dach und Fach sein muss. Sie sagt vielmehr, dass sie die Äquivalenz erteilt, wenn es beim Rahmenabkommen genügend Fortschritte gegeben hat. Damit spielt die EU direkt auf den politischen Willen und die Kompromissbereitschaft in der Schweiz. Sie zwingt die Schweiz quasi zu einer internen Diskussion, die sie nun führen muss.
Das Gespräch führte Simone Hulliger.