«Ich sah das brennende Hotel und wusste: Da drin sterben Menschen.» Ruth Reinecke-Dahinden erinnert sich noch heute präzise an die Nacht des 9. Februars 1961. Es war die Nacht, als das Grandhotel Rigi-Kaltbad niederbrannte. Reinecke – damals 31 Jahre alt - lebte nebenan im Hotel Bellevue, das ihrer Familie gehörte. Sie schlief, als das Nachbarhaus Feuer fing.
Hotel war voll besetzt
«Plötzlich erwachte ich und dachte: Irgendetwas riecht. Also stand ich auf und ging nach draussen. Da sah ich die Flammen.» Die Feuerwehren aus Vitznau und Weggis waren alarmiert, mussten zuerst jedoch die Dampflok anheizen, um überhaupt auf die Rigi hochzukommen. Eine Seilbahn gab es noch nicht.
Die wenigen ausgebildeten Feuerwehrleute, die damals auf dem Berg oben wohnten, waren allein praktisch wehrlos gegen die Flammen. Sie konzentrierten sich darauf, möglichst viele Menschen zu retten. Das Grandhotel war mit fast 200 Gästen voll besetzt. «Die Leute standen an den Fenstern und riefen um Hilfe», erinnert sich Ruth Reinecke.
Es war Brandstiftung
Viele konnten sich aus eigener Kraft in Sicherheit bringen: Sie seilten sich mithilfe von Leintüchern ab, kletterten den Regenrohren entlang hinunter oder sprangen in den Schnee. Andere wurden durch die Feuerwehrleute der Rigi gerettet. Für elf Menschen kam jedoch jede Hilfe zu spät. Sie starben in den Flammen. Die heute 91-jährige Ruth Reinecke ist noch immer den Tränen nahe, wenn sie daran zurückdenkt. «Das mitzuerleben war schrecklich.»
Das Hotel brannte komplett nieder. Lange Zeit war unklar, weshalb es genau Feuer gefangen hat. Zunächst ging man von einem Kaminbrand aus. Erst zehn Monate später war dann aber klar: Es war Brandstiftung. Ein ehemaliger Angestellter vom Rigi-Kaltbad gab zu, das Feuer gelegt zu haben. Ans Licht kam dies, als er wegen zwei weiteren Bränden in Bern verhaftet wurde. Der 28-jährige war Kellermeister des Grandhotels. Er zündete im Putzraum einen Stapel Matratzen an.
Ende einer Ära
Ruth Reinecke kannte den Brandstifter. «Er war viel bei uns im Restaurant, wir mochten ihn eigentlich alle gerne. Offenbar hatte er jedoch eine schwierige Kindheit. Dazu kam der Alkohol.» Der Täter gab später zu Protokoll, betrunken gewesen zu sein und sich nicht mehr erinnern zu können, weshalb er das Feuer gelegt hatte.
Das Luzerner Kriminalgericht verurteilte ihn zu 15 Jahren Haft, wegen «qualifizierter, wissentlich Leib und Leben gefährdender Brandstiftung und fahrlässiger Tötung». Eine Bekannte von Ruth Reinecke besuchte ihn mehrmals im Gefängnis. Offenbar bereute er die Tat. «Er wollte doch keine Menschen töten und hielt es kaum aus, so viele Leute auf dem Gewissen zu haben.»
Mit dem Brand des Hotels Rigi-Kaltbad ging auf dem Berg eine Ära zu Ende. Es war das letzte der vier Nobel-Hotels aus dem 19. Jahrhundert. Die Hotels Rigi-Scheidegg, Rigi-Kulm und Rigi-First verschwanden schon früher. Die Blütezeit des Luxus-Tourismus auf der Königin der Berge war damit endgültig vorbei.