Das Wichtigste in Kürze
- Der einstige Schweizer Spitzendiplomat Michael Ambühl ist in Grossbritannien als Brexit-Experte gefragt.
- Als früherer Chefunterhändler der Schweiz bei den Bilateralen II hat er grosse Erfahrung im Umgang mit Brüssel.
- Deshalb wird er in Grossbritannien oft als Redner engagiert.
- Besonders die Schutzklausel für die Beschränkung der Zuwanderung und die Bilateralen stiessen dort auf grosses Interesse.
Er werde hie und da eingeladen im Vereinigten Königreich, um das Schweizer Modell vorzustellen, sagt Michael Ambühl mit einem gewissen Understatement. Schliesslich habe die Schweiz einige Erfahrungen darin, wie man sich mit Brüssel bilateral auf ein beidseits akzeptables Verhältnis einige, sagt der frühere Schweizer Chefunterhändler der Bilateralen II.
Es interessiert die Briten, wie unser Modell funktioniert. Sie möchten die Vor- und Nachteile kennen und auch alle anderen Modelle gut begreifen, um sich dann zu entscheiden zu können, in welche Richtung sie selbst gehen möchten.
Der Auftakt zu den Brexit-Verhandlungen sei den Briten gar nicht so schlecht gelungen, findet der frühere Staatssekretär. Die britische Regierung hat sich mit der EU auf einen Verhandlungsfahrplan geeinigt. Mit ihrem Angebot, allen EU-Bürgern in Grossbritannien ein Bleiberecht zu geben, hat sie laut Ambühl bereits eine erste Position bezogen – auch wenn darüber noch verhandelt werden muss.
Die grosse Herausforderung Grossbritanniens bleibt Ambühl zufolge aber, einen möglichst freien Zugang zum europäischen Binnenmarkt zu behalten und gleichzeitig die Zuwanderung wieder selbst kontrollieren zu können.
Es ist sicher die Frage in diesen Verhandlungen: Wie können die Briten so viel Marktzugang erhalten wie nur möglich und trotzdem eine gewisse Steuerung der Personenfreizügigkeit haben.
Michael Ambühl hat dazu einige Ideen im Reisegepäck, wenn er in Grossbritannien als Redner unterwegs ist. So präsentiert er etwa ein Rechenmodell für die Beschränkung der Zuwanderung, dass an seinem ETH-Lehrstuhl entwickelt wurde, die sogenannte «Schutzklausel».
Wenn die Migration sehr stark ist, könnte man gewisse Massnahmen ergreifen, die eine dämpfende Wirkung haben.
Solche Hoffnungen hegt bekanntlich die Schweiz, die nun Wege sucht bei der Umsetzung der Zuwanderungs-Initiative sucht. Die Steuerung der Migration mit einer Schutzklausel sei ein Thema, über das in Grossbritannien schon länger diskutiert werde. Die Regierung von Premierministerin Theresa May werde auch kaum einfach die Schweizer Lösung kopieren wollen, betont Ambühl.
Es ist zumindest ein Modell, das in der öffentlichen Debatte immer wieder gebraucht wird – nicht weil wir es vorgeschlagen haben, sondern weil es auf der Hand liegt, dass es eine gewisse Flexibilität bringen könnte.
Auch die Bilateralen Verträge stossen bei den Briten auf Interesse, wie Ambühl sagt. Die Schweiz habe ein Netz von bilateralen Abkommen, und das sei ihr entscheidender Vorteil: Sollten Verhandlungen in einem Abkommen scheitern, wäre sie durch das Netz geschützt. «Grossbritannien aber würde in ein Loch fallen», sollte es nicht gelingen, innerhalb von eineinhalb Jahren mit Brüssel eine Lösung zu finden, so Ambühl weiter.
Die Bilateralen bringen Marktzugang, erlauben der Schweiz aber zugleich, auch Freihandelsabkommen mit Ländern ausserhalb der EU abzuschliessen.
Wir haben Binnenmarkt-Zugang, was für unsere Wirtschaft sehr entscheidend ist. Wir haben aber keine Zollunion, was uns erlaubt, Freihandelsverträge mit Drittstaaten abzuschliessen. Das wäre möglicherweise auch von Vorteil für die Briten.
Diese Absichten hat die britische Premierministerin May bereits geäussert, allerdings hat sie nur bis März 2019 Zeit, um das Verhältnis mit der EU zu regeln – zumindest mit einer Übergangslösung. Die Schweiz hatte für die Aushandlung der Bilateralen Verträge deutlich länger Zeit.