«Es ist keine schöne Arbeit. Aber es muss halt sein», sagt Eierproduzent Tobias Lüscher. Er verpackt seine Hennen in Transportkisten, um sie in den Schlachthof zu bringen. Die «Rundschau» hat ihn bei der Räumung seiner Tiere begleitet. In der Schweiz werden jedes Jahr über zwei Millionen Hennen nach nur einem Jahr Legen geschlachtet. Und durch neue Tiere ersetzt. Rund 70 Prozent der Schweizer Legehennen dürfen nur gerade ein Jahr lang legen. Auch die Mehrzahl der Biohennen hat nach einem Jahr ausgedient. Die Eierbranche spricht vom «Jahresumtrieb».
Das «Rundschau»-Hennen-Experiment
«Nach einem Jahr legen nimmt die Leistung ab. Hauptproblem ist aber die Schalenqualität. Die Schalen werden brüchiger», begründet Tobias Lüscher das kurze Leben seiner Tiere.
Die «Rundschau» will es genau wissen: Sind diese Tiere tatsächlich ausgelaugt? Oder würden sie noch gut Eier legen? Wir retten Mitte Juli 16 Hennen des Lüscherhofs vor der Schlachtbank.
Die Eierbranche tötet hunderttausende gesunde Tiere
Die 16 Tiere leben seither auf dem Haldenhof in Hallwil. Landwirt Kurt Brunner hat für das Experiment einen Stall zur Verfügung gestellt und betreut die Tiere. Er kritisiert, dass jeden Sommer hunderttausende gesunde Tiere getötet würden: «Das ist katastrophal. Wir müssen dieses durchgetaktete System dringend überdenken», so Brunner.
Höchstleistung nur für Weihnachten und Ostern
«Der Jahresumtrieb hat sich bewährt», kontert Gallosuisse-Präsident Daniel Würgler. Er selber ersetzt seine 18'000 Legehennen im Jahresrhythmus. Der Eiermarkt mache das nötig: «Das ist eine planerische Massnahme. Sie stellt sicher, dass wir an Weihnachten und Ostern immer genug Eier haben», so Würgler.
Die meisten Hennen kommen im Sommer auf die Betriebe. Die neuen Tiere garantieren maximale Legeleistung für Weihnachten und Ostern. Wenn die Nachfrage nach Eiern im Sommer sinkt, räumen die Bauern die Ställe. «So haben wir im Sommer keine Überproduktion», erklärt Daniel Würgler.
Kritik des Schweizer Tierschutzes
«Man tötet in der Regel Hennen, die noch sehr viele Eier legen. Aus Sicht des Tierschutzes ist das fragwürdig», sagt Cesare Sciarra vom Schweizer Tierschutz STS. «Das ist eine ethische Frage», entgegnet der Gallosuisse-Präsident. Aus Branchensicht gebe es zurzeit keine Alternative zum Jahresumtrieb. Die Eiernachfrage sei saisonal derart stark schwankend.
«Rundschau»-Hennen legen munter Eier
«Die 'Rundschau'-Hennen hatten einen harzigen Start», erzählt Kurt Brunner vom Haldenhof. Der Umzugsstress, die Futterumstellung und das neue Trinksystem haben die Tiere anfangs stark gefordert. «Nach einigen Tagen hatten wir praktisch keine Legeleistung mehr», so Brunner.
Doch mittlerweile haben sich die «Rundschau»-Hennen an ihr neues Zuhause gewöhnt. In der vierten Woche auf dem Haldenhof haben die 16 Tiere immerhin wieder 69 Eier gelegt. «Den Umständen entsprechend ist das gut», freut sich Brunner über die steigende Legeleistung der «Rundschau»-Hennen. «Die Tiere zeigen, dass eigentlich noch viel Potenzial in ihnen steckt», so Brunner.