SRF News: Die Schweiz hat wieder ein Büro in Damaskus – aber nur für humanitäre Aufgaben. Kann man überhaupt einen Diplomaten in ein Land schicken, ohne damit ein politisches Signal auszusenden?
Laurent Goetschel: Nein, das kann man nicht. Wenn man einen Diplomaten in ein Land schickt, so ist das eine Kontaktaufnahme auf offizieller Ebene mit dem entsprechenden Regime vor Ort. Man pflegt dann automatisch eine gewisse Form von Beziehungen.
Läuft die Schweiz damit Gefahr, die Herrschaft von Baschar al-Assad damit symbolisch zu legitimieren?
Das ist sicher mit dieser Handlung verbunden. Allerdings würde ich diesen Schritt nicht extrem überbewerten. Die Schweiz war auch schon bisher in verschiedener Weise in Syrien humanitär aktiv. Wenn man humanitäre Leistungen erbringen will, ist man immer darauf angewiesen, gewisse Beziehungen mit den Machthabern in einem Land aufrechtzuerhalten. Sonst kann man gar nicht humanitär tätig sein.
Andere Länder wie etwa Norwegen sind durchwegs mit einer Vertretung in Syrien präsent geblieben. Wäre das keine Option gewesen für die Schweiz?
Grundsätzlich wäre das schon eine Option gewesen. Die Schweiz hat sich aber damals im Jahr 2012, wie auch andere westeuropäische Länder, dafür entschieden, ihre Vertretung in Damaskus zu schliessen.
Wenn man humanitäre Hilfe erbringt und Gelder und menschliche Ressourcen investiert, hat das immer eine gewisse politische Wirkung.
Sie sagen also, die diplomatische Bedeutung dieses neuen Schweizer Büros in Damaskus sollte man nicht überbewerten?
Ja. Wichtig ist, dass einerseits die humanitären Leistungen der Schweiz im Vordergrund stehen, und dass man dafür Beziehungen mit möglichst allen Seiten des Konflikts braucht. Andererseits ist auch humanitäre Hilfe nie ganz abgekapselt von der Politik. Wenn man Hilfe erbringt und Gelder und menschliche Ressourcen investiert, hat das immer eine gewisse politische Wirkung.
Das Gespräch führte Teresa Delgado.