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Putzfrauen mit Geldsorgen: Zuviel Bürokratie in der Babypause
Aus Kassensturz vom 19.12.2017.
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Bürokratie in der Babypause Putzfrauen mit Geldsorgen

Alle erwerbstätigen Frauen haben Anspruch auf einen bezahlten Mutterschaftsurlaub. Doch gerade Mütter mit mehreren Arbeitgebern - wie etwa Putzfrauen - kommen nur schwer an ihr Geld. «Kassensturz» zeigt, wie komplizierte Formulare und säumige Arbeitgeber Mütter in finanzielle Not bringen.

Seit vielen Jahren arbeitet Viera K. als Putzfrau in Haushalten. In letzter Zeit ist ihr Einkommen für ihre Familie besonders wichtig, denn ihr Mann war aus gesundheitlichen Gründen längere Zeit arbeitslos.

Nach der Geburt der Tochter bleibt der Lohn aus

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Trotzdem ist die Familie nun in finanziellen Schwierigkeiten. Der Grund ist die Geburt ihres zweiten Kindes im September. Seither bekommt die Mutter keinen Lohn mehr. Zwar hat Viera K., wie jede berufstätige Mutter, während 14 Wochen Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung. Doch davon hat sie bis Mitte Dezember noch keinen Franken bekommen.

Viera K. ist bei der Ausgleichskasse ordnungsgemäss angemeldet und zahlt Sozialversicherungsabgaben und Steuern. Ein Grund für die Verzögerung ist die Bürokratie bei der Geltendmachung der Mutterschaftsentschädigung. Die Frau muss von jedem ihrer insgesamt neun Arbeitgeber ein mehrseitiges Formular ausfüllen lassen und es dann der Ausgleichskasse einreichen.

Im Formular können Arbeitgeber auswählen, ob die Mutterschaftsentschädigung an sie ausbezahlt werden soll. Und sie dafür der Putzfrau den Lohn auch in der Mutterschaftspause weiter zahlen.

Die Arbeitgeber kümmern sich wenig um ihre Pflichten

Oder ob die Entschädigung der Mutter direkt ausbezahlt wird. Dann müssen Arbeitgeber den Lohn auch nicht weiter bezahlen. Doch offenbar sind einige ihrer Arbeitgeber mit diesem Formular überfordert oder sie schieben die Erledigung auf die lange Bank.

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«Einzelne Formulare kamen unvollständig ausgefüllt zurück, andere gar nicht.», erzählt die 41-jährige Viera K. in der Sendung «Kassensturz». Das Hinterherrennen koste Kraft und sei erniedrigend.

«Kassensturz» konfrontiert die Arbeitgeber. Diese rechtfertigen die zögerliche Erledigung mit teils absurden Ausreden. Man fühle sich von der Angestellten bedrängt oder habe wichtigeres zu tun. «Dieses Beispiel zeigt, dass viele Haushalte, die eine Putzfrau oder Hausangestellte beschäftigen, ihre Pflichten als Arbeitgeber nicht kennen oder sich nicht darum kümmern», sagt Andrea Gisler, Rechtsanwältin und Präsidentin der Zürcher Frauenzentrale.

Betroffene Frauen verlieren viel Geld

Das noch grössere Problem aber sei, dass die betroffenen Frauen ihre Rechte kaum kennen. Laut Andrea Gisler wissen viele dieser Frauen nicht, dass sie Anspruch auf Lohn haben, wenn sie krank sind, oder wie im Beispiel von Viera K., dass sie nach der Geburt eines Kindes Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung haben.

«Viele dieser Frauen sprechen schlecht Deutsch und wissen deshalb auch nicht, wo sie sich über ihre Ansprüche informieren können», sagt Gisler. Es komme immer wieder vor, dass die Frauen – die meistens ohnehin nicht auf Rosen gebettet sein – viel Geld verlieren, dass ihnen von Gesetzes wegen zustehe und für das sie jahrelang Beiträge bezahlt haben.

Für Sozialversicherungsrechts-Experte Professor Ueli Kieser zeigt das Beispiel von Viera K. auch einen Systemmangel: «Dieser Formularkrieg ist für eine Frau nach der Geburt eines Kindes eine Zumutung.»

Das Gesetz und die Abläufe bei den Sozialversicherungen seien noch immer darauf ausgerichtet, dass eine Angestellte bei einem einzigen Arbeitgeber arbeite. «Sobald aber jemand mehrere Arbeitgeber hat, wird es kompliziert», so Kieser. Teilzeitangestellte mit mehreren Arbeitgebern würden benachteiligt. Um diesen Missstand zu beseitigen, wäre jedoch eine Gesetzesänderung nötig.

Betroffenen Frauen raten die Experten Andrea Gisler und Ueli Kieser, sich bereits Wochen vor einer Geburt bei der Ausgleichskasse am Wohnort zu melden um sich dort Unterstützung beim Abwickeln der Anmeldung zur Mutterschaftsentschädigung zu holen.

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Studiogespräch mit Gabriela Baumgartner, Rechtsexpertin Kassensturz/Espresso
Aus Kassensturz vom 19.12.2017.
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