Zum Inhalt springen

Bund mit grossem Überschuss Maurer: «Sparprogramme sind im Moment nicht nötig»

  • Statt eines Defizits hat der Bund 2017 einen riesigen Überschuss geschrieben. Das teilte Bundesrat Ueli Maurer an einer Medienkonferenz in Bern mit.
  • Maurer: «Sparprogramme sind im Moment nicht nötig.»
  • Ende Jahr verblieben 2,8 Milliarden Franken in der Bundeskasse. Nach den bisher geltenden Regeln beträgt der Überschuss sogar 4,8 Milliarden Franken.

Dass die ausgewiesene Zahl kleiner ist, hat mit Buchhaltung zu tun: Erstmals hat der Bund mit einem Teil der Überschüsse Rückstellungen in der Finanzierungsrechnung gebildet. Diese belaufen sich auf zwei Milliarden Franken, wie der Bundesrat bekannt gab. Um diesen Betrag reduziert sich das Ergebnis der Rechnung.

Maurer widersprach Unterstellungen, wonach es sich dabei um einen Buchhaltungskniff handle. «Ich empfehle ihnen dazu einen Kurs bei der Migros Klubschule. Es handelt sich nicht um einen Trick, sondern um eine Abgrenzung», erklärt Maurer.

Überschuss dank Verrechnungssteuer

Die Rückstellungen erlauben dem Bund, seine Rechnung etwas zu glätten. Ein beträchtlicher Teil des Überschusses ist bei der Verrechnungssteuer angefallen. Die Einnahmen daraus lagen zwei Milliarden Franken höher als erwartet.

Das ist auf höhere Einnahmen aus Dividenden zurückzuführen. Vor allem aber fordern Unternehmen die Verrechnungssteuer wegen der Negativzinsen so spät wie möglich zurück. So können sie ihr Geld günstig beim Bund parken. Letztes Jahr blieben über 10 Milliarden Franken aus der Verrechnungssteuer beim Bund liegen.

Serge Gaillard, Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV), spricht von einem «Ausreisser». In den vergangenen Jahren habe es noch nie ein derartiges Missverhältnis zwischen Eingängen und Rückerstattungen gegeben. «Letztes Jahr sind kurz vor Weihnachten Rückerstattungsgesuche zwischen 800 und 900 Millionen Franken eingetroffen – an einem einzigen Tag. »

Um ein Defizit in den folgenden Jahren möglichst zu vermeiden, entschloss sich die EFV zu einer Praxisänderung. «Ohne Rückstellungen gäbe es ein falsches Bild der Einkommensverhältnisse des Bundes», erklärte Gaillard. Das Geld müsse in den nächsten Jahren zurückerstattet werden.

Reaktionen der Parteien

Box aufklappen Box zuklappen

CVP: Rückstellungen brauchen gesetzliche Grundlage

«Der Bundeshaushalt 2017 weist einen Überschuss von 2,8 Milliarden Franken aus, ohne zusätzliche Rückstellungen des EFD wären es sogar 4,8 Milliarden. Mit dieser Rückstellung wendet sich das EFD von der gesetzlich verordneten Praxis ab, wonach sämtliche Budgetüberschüsse in die Schuldentilgung fliessen müssen. Die CVP verlangt eine Grundsatzdiskussion über die Verwendung von Budgetüberschüssen.»

Thomas Aeschi, SVP-Fraktionschef: Einmaleffekt

«Der Überschuss von 2,8 Milliarden Franken ist unter anderem aufgrund der US-Steuerreform zustande gekommen, wegen der US-Firmen in der Schweiz mehr Dividenden ausgeschüttet haben. Das ist ein Einmaleffekt. Die Rückstellungen führen zu einer Glättung der Rechnung. Das ist nachvollziehbar.»

SP: Maurer hat Finanzen nicht im Griff

«Jahr für Jahr dasselbe Spektakel im Finanzdepartement: Bundesrat Ueli Maurer lässt verlauten, dass neue Abbaumassnahmen in den immer gleichen Bereichen Bildung, Kultur, öffentlicher Verkehr, Sozialleistungen, Personal und Entwicklungshilfe aus «Spardruck» nötig seien. Nach Ablauf des Jahres präsentiert er dann der Bevölkerung einen milliardenschweren Überschuss, den er aber nicht reinvestiert, sondern unproduktiv im Schuldenabbau versickern lässt.»

Albert Vitali, FDP-Finanzpolitiker: Erfreulich

«Das Ergebnis ist nicht zuletzt auf die Schuldenbremse zurückzuführen, die ein Erfolgsrezept ist und in nächster Zeit keiner Änderung bedarf.»

Überschuss mit System

Überschüsse beschäftigen die Politik seit Jahren. Die Bundesrechnung schliesst regelmässig über dem Budget. 2016 belief sich der Überschuss auf 750 Millionen Franken. Budgetiert war ein Defizit von 500 Millionen Franken. 2015 schloss die Rechnung mit einem Überschuss von 2,3 Milliarden statt 400 Millionen Franken.

Vor allem die Linke beschuldigt den jeweiligen Finanzminister stets, mit pessimistischen Prognosen ein rigides Ausgabenregime durchzusetzen. 2017 hat der Überschuss nun eine rekordverdächtige Höhe erreicht. Dass die Kassenwarte des Bundes in der Finanzrechnung plötzlich Rückstellungen machen, dürfte den Kritikern neue Munition liefern.

Für Ueli Maurer ist das eine akademische Frage. Die Alternative sei, für letztes Jahr einen Überschuss von 5 Milliarden Franken auszuweisen und in diesem vielleicht ein Defizit, sagte er vor den Bundeshausmedien. «Wir möchten das verstetigen.»

Verhaltener Optimismus

Maurer zeigte sich jedoch erfreut über den guten Abschluss. Er blickt auch etwas optimistischer in die Zukunft. Weil er höhere Einnahmen erwartet, hat er die Erwartungen deutlich nach oben korrigiert.

2019 und 2020 rechnet er mit Überschüssen von einer Milliarde Franken. Bisher war der Bundesrat von einem kleinen Defizit im Jahr 2019 und einem Überschuss von rund 500 Millionen Franken im Jahr 2020 ausgegangen. 2021 könne sich der Überschuss gegenüber dem bisherigen Finanzplan auf 1,9 Milliarden Franken verdoppeln.

Maurer warnt jedoch vor allzu viel Optimismus. Er erinnert daran, dass verschiedene kostspielige Reformen geplant sind. Allein die Steuervorlage 17, die Abschaffung der Heiratsstrafe oder die Abschaffung der Stempelsteuer könnten in den nächsten Jahren mehrere Milliarden Franken kosten.

Immerhin: «Sparprogramme sind im Moment nicht nötig», sagte Maurer. An den strukturellen Reformen werde der Bundesrat aber weiter arbeiten.

Finanzierungsrechnung 2017

Rechnung in Mio. CHF Rechnung 2016
Voranschlag 2017
Rechnung 2017
Differenz zu Voranschlag
Ordentliche Einnahmen67'44168'41871'0872'669
Ordentliche Ausgaben66'97068'66868'288-380
Ordentliches Finanzierungsergebnis470-2502'7993'049
Ausserordentliche Einnahmen478177177
Ausserordentliche Ausgaben
Finanzierungsergebnis949-2502'9763'226

Meistgelesene Artikel