Das Hotel der Eidgenossenschaft, das Bellevue Palace in Bern, ist vermutlich der wichtigste Treffpunkt am Abend vor einer Bundesratswahl. SRF-Bundeshausredaktor Michael Steiner versammelte am späten Abend die Präsidenten der Bundesratsparteien zu einer letzten Einschätzung vor dem anstehenden Wahltag:
Toni Brunner, Parteipräsident SVP:
« Ich hoffe, dass es ein SVP-Mitglied wird, und wir bieten es dem Parlament an. Aber ich glaube, dass es ein Bundesrat vom offiziellen Dreierticket sein wird. Verwetten dafür würde ich einen guten Liter Milch. Wir müssen niemanden ins Gebet nehmen. Wir haben verschiedene Charaktere aufgestellt. Ich bin zuversichtlich, und ich orientiere mich an den offiziellen Vorschlägen.»
Christian Levrat, Parteipräsident SP:
«Wir werden uns morgen um 7 Uhr treffen, um zu entscheiden, was wir angesichts der schwierigen Ausgangslage tun werden. Wir waren der Meinung, Eveline Widmer-Schlumpf hätte weiter machen sollen. Wir haben auch die Mitte gebeten, einen Gegenkandidaten zu stellen, was sie nicht getan hat. Heute haben wir die drei Kandidaten angehört, davon war einer überhaupt nicht wählbar – Norman Gobbi, aber der ganze Nachmittag war nicht sehr berauschend. Was vor allem geschehen ist, ist dass sich SVP-Kandidaten bei uns gemeldet haben und als Sprengkandidaten angeboten haben. Wir lassen uns nicht einfach ein Diktat auferlegen von der SVP. Die Ausschlussklausel im SVP-Statut, die sie aus Rache an Eveline Widmer-Schlumpf eingeführt haben, ist verfassungswidrig und gehört abgeschafft.»
Christophe Darbellay, Parteipräsident CVP:
« Wir haben entschieden, den Anspruch der SVP auf den Bundesratsitz anzuerkennen und deshalb jemanden vom offiziellen Dreierticket zu wählen. Es gibt null Chancen für einen Sprengkandidaten. Ich tippe auf Thomas Aeschi oder Guy Parmelin.»
Philipp Müller, Parteipräsident FDP:
«Wir haben keine Losung gefasst, welchen Kandidaten wir gezielt wählen wollen. Der Anspruch der SVP ergibt sich erstens durch die Wahl vom 18. Oktober, und zweitens werden wir jemanden vom Dreierticket wählen. Bundesratswahlen haben immer eine gewisse Spannung. Parlamentarier erleben das anders. Es ist schon ein wenig übertrieben, was jetzt läuft. Aber die Leute interessiert es.»