Im Tessin steigen die Zahlen: 15 Menschen sind laut Behörden gestorben, über 630 haben sich mit dem Coronavirus infiziert. In den Tessiner Spitälern wird gearbeitet bis zum Umfallen. Heute hat Innenminister Alain Berset den Südkanton besucht, um die Unterstützung aus der Restschweiz zuzusichern.
Unterdessen warnen die Gesundheitsbehörden in Bern, die Lage sei ernst. Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) sagte zur Situation im Kanton Tessin: «Es ist wirklich dramatisch. Sie kämpfen darum, genügend Betten auf Intensivstationen zu haben.»
Kürzlich hat Koch gar gesagt, dass am Montag alle Tessiner Spitalbetten voll sein könnten. Christian Camponovo , Leiter der Klinik Montcucco, also des zweiten Spitals im Kanton, das zum Corona-Spital umfunktioniert worden ist, sagt dazu: «Die Situation ist sehr ernst. Damit sage ich aber keineswegs, dass wir in unseren Spitälern bereits am Anschlag sind. Wir können die Menschen noch gut pflegen.»
Die Tessiner Spital-Verantwortlichen hätten früh den Ernst der Lage erkannt. Tatsächlich haben sie letzte Woche den Druck auf die Regierung erhöht. Diese hat dann strengere Massnahmen erlassen, als es der Bund tat. Camponovo sagt, man fahre die Kapazitäten kontinuierlich hoch. Neue Intensiv-Pflegeplätze werden geschaffen. Aus China sollten bald neue Beatmungsgeräte kommen. Kurz: Noch gebe es Spielraum.
Kritik an Fallzählungen des Bundes
Wie lange dieser Spielraum anhält, beziehungsweise wann es wirklich eng werden könnte, kann Camponovo nicht sagen: «Leider haben wir meiner Meinung nach in der Schweiz auch seitens des Bundes wenig Klarheit, wie sich die Fallzahlen entwickeln. Andere Länder arbeiten da eng mit den Universitäten zusammen und vermögen es so, bessere Voraussagen zu machen.»
Gemäss Camponovo geht es jetzt darum, vor Ort die Kräfte möglichst gut zu bündeln. Patienten in andere Kantone zu verlegen oder Sanitätspersonal aus anderen Kantonen ins Tessin zu schicken – davon hält er wenig. Denn er geht davon aus, dass bald das gesamte schweizerische Gesundheitssystem so gegen das Coronavirus kämpft, wie es heute schon das Tessin macht.
Wir werden jetzt alle solidarisch sein. Das heisst auch, zuhause bleiben, um Leben zu retten.
Der Besuch von Alain Berset im Tessin hat symbolische Schlagkraft. Denn der Gesundheitsminister hat vor allem betont, dass der Bund das Tessin mit aller Kraft unterstütze: «Das Tessin wird als erster Kanton mit voller Wucht von der Coronawelle erfasst und hat unsere Unterstützung nötig. Wir werden jetzt alle solidarisch sein. Das heisst auch, zuhause bleiben, um Leben zu retten.»
Im Tessin bleiben die nächsten Tage viele Menschen in ihren eigenen vier Wänden. Notgedrungen. Denn die Tessiner Regierung hat diese Tage zu Brücken-Feiertagen erklärt. Viele Lebensmittelläden sind geschlossen, es wird nicht gearbeitet. Es wird alles versucht, um die Corona-Welle zu bremsen.