Die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Schweizer Eishockeysport sind beispielslos. Bereits mehrere Klubs hatten mit positiven Fällen zu kämpfen, mussten Quarantänemassnahmen umsetzen. Wenn die Meisterschaftsspiele stattfinden, dann vor leeren Rängen. Die Zukunft ist ungewiss.
Philipp Sacherer ist Oberarzt für Sportmedizin an der Zürcher Schulthess Klinik und Teamarzt des EHC Kloten. Seit dem Ausbruch der Pandemie hat sich sein Job beim Swiss-League-Vertreter komplett verändert.
SRF News: Wie hat Corona Ihre Aufgabe als Teamarzt verändert?
Philipp Sacherer: Als Teamarzt ist man praktisch der Hausarzt des Sportlers und somit erste Ansprechperson für medizinische Fragestellungen. Das Thema Corona nimmt da mittlerweile sehr viel Zeit in Anspruch. Es ist so, dass ich aktuell tagtäglich mit Corona-Situationen oder -Beratungen zu tun habe.
Wie sieht denn das Testregime beim EHC Kloten aus?
Wir als Eishockeyverein – wie viele andere Berufssparten auch – setzen unser strenges Schutzkonzept um. Das beinhaltet die gängigen Massnahmen wie Händedesinfektion oder Abstandsregelung. Es geht aber auch soweit, dass wir in der Garderobe Maskenpflicht haben. Wir versuchen, die Spieler in einer Art Blase trainieren zu lassen. Sollten Spieler trotzdem Symptome entwickeln, dann testen wir grosszügig, um Infektionen frühzeitig aufdecken zu können.
Ein Eishockey-Team besteht vornehmlich aus jungen, begeisterungsfähigen, kontaktfreudigen Menschen. Ist da die Umsetzung der Schutzmassnahmen nicht sehr schwierig?
Es ist eine sehr schwierige Aufgabe, die viel Aufklärungsarbeit erfordert. Aber: die Jungs sind ja auch nicht blöd. Sie wollen ihren Beruf weiter ausüben. Es geht letztlich um die Existenz des Eishockeys und entsprechend verhalten sie sich auch.
Wie geht man mit Problemzonen um? Zum Beispiel beim gemeinsamen Essen?
Es ist nicht abzustreiten, dass es auch bei den Eishockeyvereinen solche Problemzonen gibt. Beispiel Essen: An einem Spieltag essen die Spieler nach dem Spiel und da versuchen wir, in der Garderobe den Abstand zu wahren. Weiter trennen wir auch Betreuer und Trainer von der Mannschaft.
Mittlerweile sind ja auch Corona-Schnelltests verfügbar. Wie schnell werden Sie diese einführen?
Das liegt an der Verfügbarkeit. Sie müssen für die Anwendung im Sportbereich freigegeben werden, es gibt ja offensichtlich nicht übergrosse Kapazitäten. Deshalb muss es erst einmal soweit kommen, dass es genügend Tests hat. Das ist sicherlich das Hauptkriterium.
Corona ist immer im Hinterkopf, aber als Sportler versucht man es auch auszublenden.
Denken Sie, dass es mit Schnelltests möglich sein wird, dass nicht mehr ganze Teams, sondern nur noch einzelne Spieler in Quarantäne müssen?
Das wäre natürlich die Idealvorstellung, aber ich bezweifle, dass es funktioniert. Die Schnelltests helfen uns aber sicher, schneller reagieren zu können, um die Infektionsketten noch früher zu unterbrechen.
Die Sicht des Spielers
Eine Prognose abzugeben für den weiteren Saisonverlauf sei schwierig, so Sacherer. Aber ein Saisonabbruch sei nicht auszuschliessen. Das wäre für die Spieler nicht wünschenswert, sagt auch Tim Berni, der eigentlich bei den Columbus Blue Jackets unter Vertrag steht, bis zum NHL-Start aber noch bei seinem Stammverein, den ZSC Lions, in der National League spielt.
SRF News: Tim Berni, verkommt der Sport in der Corona-Krise zur Randnotiz?
Tim Berni: Das würde ich nicht sagen. Es gibt aktuell einfach gewöhnungsbedürftige Umstände. Nicht zu wissen, ob man am Spieltag-Nachmittag noch ein SMS erhält, weil es beim Gegner oder beim eigenen Team noch einen positiven Test gegeben hat, das ist nicht einfach.
Wie oft wurden Sie denn schon getestet?
Ich wurde zwei Mal im Sommer und zwei Mal zu Beginn der Saison getestet. Andere mit Symptomen hatten natürlich mehr Tests. Ich bin froh, dass die Zusammenarbeit mit dem Staff diesbezüglich reibungslos funktioniert.
Wie stellt man sich auf diese Corona-Situation ein?
Corona ist immer im Hinterkopf, aber als Sportler versucht man es auch auszublenden. Es sollte uns nicht aus dem Konzept bringen. Klar ist es speziell, aber an Vorbereitung, Training und Einstellung ändert Corona nichts.