Eigentlich erwartet der Schweizer Obstverband (SOV) dieses Jahr eine durchschnittliche Ernte von Äpfeln und Birnen: Knapp 80'000 Tonnen Mostobst. Nur: Die Lager der achzehn gewerblichen Schweizer Mostereien sind noch voll. Grund dafür ist einerseits die Rekordernte von 2018. Diese führte dazu, dass die Ernte 2019 sozusagen direkt als Konzentrat eingelagert und nicht zu Getränken weiterverarbeitet wurde.
Andererseits sorgt die Coronapandemie für schwindende Absätze in der Gastronomie – einem der wichtigsten Absatzkanäle. Die Lager konnten also nicht wie üblich vor der Ernte auf die Marktreserve von 40 Prozent abgebaut werden.
Volle Lager heissen aber nicht, dass die Obstbauern ihre Mostäpfel und -birnen dieses Jahr nicht loswerden. Die Mostereien haben sich zur Abnahme der gesamten Ernte verpflichtet. Ein saurer Apfel für die Bauern dürfte aber der Preis sein.
Zwar wurde der Richtpreis zum Beispiel für Mostäpfel «Suisse Garantie gewöhnlich» auf einem normalen Niveau von 26 Franken pro 100 Kilogramm festgelegt. Davon erhalten die Produzenten aber nur etwa 16 Franken. Die übrigen 10 Franken gehen als sogenannter Rückbehalt in den Mostobstfonds, der den Markt stützt.
«Das macht mir schon Bauchschmerzen, dass wir kaum noch etwas für das Mostobst erhalten», sagt ein Bauer, der seine Mostäpfel bei der Mosterei Möhl in Arbon abliefert. «Es ist nicht gut, aber die einzige Lösung, die für alle gleich gilt», ergänzt ein anderer Obstbauer. Denn ohne diese Rückbehalte «müssten wir Mitte Oktober die Annahme von Mostobst stoppen», sagt Ernst Möhl, VR-Präsident der Mosterei Möhl. «Wir können nicht endlos Obst annehmen, ohne Absicherung, dass wir es auch verkaufen können.»
Bauern und Mostereien hoffen nun auf die Konsumentinnen und Konsumenten. Der Branchenverband SOV will den Absatz von Obstsaft zusätzliche ankurbeln und plant für den Herbst eine Marketing-Kampagne.