Der Kanton Bern wird ab Montag keine Klassenquarantänen mehr anordnen, der Kanton Aargau bereits ab sofort, wie beide mitteilen. Die Kantone würden dadurch ihre Vorgaben der Realität anpassen, sagen die einen. Sie würden komplett aufgeben und das Virus unkontrolliert in Schulen zirkulieren, die anderen.
Nur wenn eine «besondere Ausbruchssituation vorliegt oder aus epidemiologischer Sicht dringender Handlungsbedarf» bestünde, würde man eine solche Quarantäne noch verordnen, schreibt die Aargauer Regierung.
Bisher wurden im Aargau Klassen in Quarantäne gesetzt, wenn drei oder mehr Kinder pro Klasse positiv auf Corona getestet wurden. In den Januar-Schulwochen wurden diese Quarantänen zwar oft verfügt, aber meist deutlich zu spät. So vergab der Kanton Klassenquarantänen, die schlussendlich nie stattgefunden hatten, weil die Quarantänedauer bereits vorbei war, wie diverse Beispiele zeigen.
«Das Ganze ist sinnlos»
Warum der Verzicht auf Quarantänen? «Das ist der Omikron-Variante geschuldet. Das Virus ist hochansteckend. Asymptomatische Personen werden nicht mehr rechtzeitig gefunden, Infektionsketten nicht mehr unterbrochen, dann ist das Ganze sinnlos», sagt Barbara Hürlimann, Leiterin der Abteilung Gesundheit beim Kanton Aargau.
Wir kapitulieren nicht. Man muss der Situation angepasst justieren.
Der Bund definiere Kontaktquarantäne neu nur für Personen im selben Haushalt oder im selben Pflegeheim. Deshalb sei die Quarantäne in den Schulen nicht mehr angezeigt.
Hohe Fallzahlen, Kapazitätsengpässe in den Labors, späte Resultate, und gleichzeitig nationale Erleichterungen bei der Quarantäne: «Das passte nicht mehr», so Hürlimann. Kranke Kinder sollen aber weiterhin zu Hause in Isolation bleiben, Hygiene- und Schutzmassnahmen sollen stets eingehalten werden. Hürlimann verweist auf die Maskenpflicht ab der Primarschule.
Kapituliert der Kanton Aargau? «Nein, das würde ich nicht sagen. Man muss der Situation angepasst justieren. Allenfalls sieht es in einem Monat wieder anders aus», erklärt Barbara Hürlimann vom Gesundheitsdepartement den Entscheid. Das Ziel sei es, den Schulunterricht aufrechtzuerhalten.
Aargauer Schulleiterinnen und Schulleiter verzweifeln da und dort, weil sie wegen der Häufung der Covid-Infektionen Klassen nach Hause senden möchten, aber nicht können, weil das nur der Kanton darf. «Die Situation an den Schulen ist angespannt und teilweise unübersichtlich. Kinder und Lehrpersonen sind krank. Man ist gefordert, den Schulbetrieb aufrechtzuerhalten», weiss Kathrin Scholl, Präsidentin des Aargauischen Lehrerinnen- und Lehrerverband (ALV). Das Bild sei an fast allen Schulen ähnlich.
Die Situation an den Schulen ist angespannt und unübersichtlich.
«Aufgrund der Situation ist der Entscheid der Regierung nachvollziehbar, die Situation war nicht mehr handelbar», so Scholl. Ihr wäre es wichtig, dass das repetitive Testen an den Schulen wieder aufgenommen wird, sobald Kapazitäten frei werden. Das habe die Schulen enorm entlastet. Dass nur Schulkinder und Lehrpersonen durchgeseucht werden, könne man so nicht sagen, findet Scholl: «Man hat die Ansteckungswelle nicht im Griff, auch ausserhalb der Schule. Das ist die aktuelle Situation.»
Lagebeurteilung nach Sportferien
Wie es nach den Sportferien Anfang Februar weitergeht, ist noch nicht hundertprozentig klar. Die Maskenpflicht in der Primarschule gilt bis Ende Februar. Das repetitive Testen an Schulen wird weiterhin nicht reaktiviert, aus Kapazitätsgründen. Mitte Februar folgt eine neue Lagebeurteilung. Dann gilt es für die Schulen die nächste Hürde, die Wochen bis zu den Frühlingsferien, zu meistern.