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Dating-App für Pflegepersonal Pflegefachfrau entwickelt App gegen Schichtnot

Mit nur einem Klick zum Match: Fiona Häseli sagt mit ihrer App für Pflegepersonal teuren Temporärbüros den Kampf an.

Spitäler, Alterszentren oder andere Gesundheitsinstitutionen haben oft Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Stichwort: Fachkräftemangel. Immer wieder greifen die Unternehmen deshalb auf Temporärangestellte zurück. Doch diese sind teuer. Denn die Temporärbüros verlangen hohe Gebühren.

Temporärpersonal nur in Ausnahmefällen

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Der Gesundheitsverband Aargau kritisiert die hohen Kosten, die Anstellungen via Temporärbüros mit sich bringen. In einer Medienmitteilung betonen sie, dass Temporärpersonal nur in Notfällen zum Einsatz kommen soll. Das heisst dann, wenn es nötig ist, um die Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten.

Sonst lehnt der Gesundheitsverband Aargau den Einsatz von Temporärangestellten ab. Wichtig seien innovative Ansätze und flexible Arbeitszeitmodelle, um die Attraktivität der Pflegeberufe zu steigern. Als Beispiele werden Personalpools oder regionale Kooperationen genannt. Bei diesem Ansatz teilen sich mehrere Unternehmen einen Personalpool und haben so eine höhere Flexibilität.

Mit der App «Schichtmatch» will Fiona Häseli aus Sulz AG dem Personalproblem im Gesundheitsbereich entgegenwirken. Die 32-Jährige hat selbst 15 Jahre Erfahrung in der Pflege, sieben Jahre davon als Abteilungsleiterin. «Dabei wurde mir bewusst, wie schwierig es ist, Personal zu finden, um bestimmte Schichten abzudecken.»

App-Entwicklung als Familienprojekt

An einem Abend im Sommer 2024 spricht Fiona Häseli am Familientisch mit ihrer Schwester Jamina und ihrem Vater Urs Häseli über das Problem. Da müsste es doch ein passendes Tool geben, um die bevorzugten Arbeitszeiten der Angestellten mit den offenen Schichten im Betrieb zu matchen, findet die Pflegefachfrau. Sofort beginnen die drei, mögliche Umsetzungen zu diskutieren. So entstand die Idee der App «Schichtmatch».

Zwei Frauen und ein älterer Mann stehen draussen und legen sich die Arme über die Schultern.
Legende: Hinter der App stehen Jamina, Fiona und Urs Häseli (v.l.). ZVG

Nicht einmal ein Jahr später ist das Tool online. «Es funktioniert wie eine Dating-App», erklärt Fiona Häseli. Unternehmen geben an, für welche Schichten sie noch Personal suchen. Gleichzeitig können Stellensuchende ihre präferierten Schichten angeben. Stimmen die Wünsche überein, finden Arbeitgeber und Angestellte zusammen.

Erste Kundschaft arbeitet mit App

Zu den ersten Kunden gehört das Alterszentrum RAS in Ehrendingen. «Wir setzen grosse Hoffnungen in die App», sagt die Leiterin Nicole Da Rin.

Im Ehrendinger Alterszentrum findet man keine Temporärangestellten: «Bei der letzten Offerte eines Temporärbüros hätte mich eine Fachfrau Gesundheit 12'000 Franken gekostet. Die Angestellte selbst hätte nur die Hälfte davon als Lohn erhalten.» Für das Personalbüro hingegen wäre es ein lukratives Geschäft gewesen.

Eine Frau steht in einem Gang und spricht in ein Radiomikrofon.
Legende: Nicole Da Rin hofft, dass sie mit «Schichtmatch» künftig einfacher Personal findet. SRF / Alex Moser

Dennoch hat auch Nicole Da Rin Mühe, genug Personal zu finden. «Teilweise haben wir Stellen ein halbes Jahr lang ausgeschrieben, ohne dass sich jemand bewirbt.» Hier soll die App «Schichtmatch» helfen.

Wie bei Tinder: Entweder es matched oder nicht.
Autor: Nicole Da Rin Leiterin Alterszentrum RAS

Über Schichtmatch könne sie genau eingeben, für welche Schichten sie jemanden suche. «Wenn mein Team am Wochenende lieber frei hat, dann kann ich in der App nur für Samstag und Sonntag Personal suchen», erklärt Da Rin. «Es ist wie bei Tinder: Entweder es matched oder nicht.»

So könne sie ihrem Team, aber auch den Stellensuchenden gerecht werden. Ausserdem sei die App preislich attraktiv. «Die Jahresgebühr kostet mich etwa so viel, wie wenn ich zwei Stellen inseriere.»

App bald für die gesamte Schweiz

Seit Anfang Mai ist die App nun online. Für das Alterszentrum RAS in Ehrendingen gab es bereits einen ersten «Dating-App-Erfolg»: Kurz nach dem Aufschalten des gesuchten Stellenprofils kam es zum Match.

Für die Initiantin der App Fiona Häseli ein schöner Moment: «Das ist für uns eine wunderschöne Bestätigung, dass das Konzept von Schichtmatch funktioniert.»

Für die App hat Häseli ihren Pflegeberuf für den Moment an den Nagel gehängt. «Aktuell bin ich mit meinem Kind und der App voll ausgelastet. Wenn ich wieder mehr Zeit habe, werde ich über Schichtmatch eine Stelle suchen, bei der ich hauptsächlich am Wochenende arbeiten kann.»

Echo der Zeit, 18.5.2025, 18:00 Uhr ; 

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