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Zu wenig Pflegepersonal Die Umsetzung der Pflegeinitiative kann noch Jahre dauern

Zwei Jahre sind seit dem Ja an der Urne vergangen. Die Gesundheitsbranche kämpft weiter mit einem Fachkräftemangel. Warum die Umsetzung so lange dauert, erklärt ein Politologe.

Vor zwei Jahren hat das Stimmvolk die Pflegeinitiative angenommen. Die Hoffnung war gross. Es sollte alles besser werden. Doch umgesetzt wurde die Volksinitiative bis heute nicht. Die Gesundheitsbranche kämpft auch zwei Jahre nach Annahme mit einem Fachkräftemangel.

Viele Menschen, die in der Pflege arbeiten, sind enttäuscht. Einer von ihnen ist Martin Venetz. Er ist im Vorstand der Schweizerischen Interessengemeinschaft für Anästhesiepflege. Venetz findet, so langsam müsse etwas passieren: «Viele Leute in meinem Arbeitsumfeld sind frustriert. Oder sie glauben schon gar nicht mehr an eine konsequente Umsetzung.»

Kurz gesagt: Das verlangt die Pflegeinitiative

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  • Die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen der Pflegenden in der Schweiz sollen verbessert werden. Es sollen Ausbildungsplätze geschaffen werden.
  • Via Verfassungsartikel sollen Bund und Kantone für eine allen zugängliche Pflege von hoher Qualität sorgen.

Diese Ungeduld ist aus Sicht der Initiantinnen und Initianten laut Politologe Marc Bühlmann begründet. «Sie hätten gerne, dass die Initiative schon mit dem Ja an der Urne gleich umgesetzt ist. Nur sieht unser System längere Wege vor.»

Menschen demonstrieren am Tag der Pflege, eine Frau hält ein Schild mit der Aufschrift «Klatschen reicht nicht».
Legende: «Bis jetzt ist nichts wirklich passiert. Wir haben die gleichen Probleme wie vor der Abstimmung», sagt eine Frau an einer Demonstration am Tag der Pflege. Keystone/Georgios Kefalas (12.05.2021)

Denn eine Initiative sei ein Anstoss oder der Motor für die Politikgestaltung, sagt Bühlmann vom Institut für Politikwissenschaften an der Universität Bern. «Es braucht eine gesetzgeberische Konkretisierung. Dafür ist das Parlament zuständig. Und im Parlament muss man wieder neue Kompromisse schmieden, um dann die Idee der Initiative auch umzusetzen.»

Wie schnell eine Initiative umgesetzt wird, hängt auch damit zusammen, wie einfach ein Anliegen in der Praxis umgesetzt werden kann. Und ob es starke Gegnerinnen und Gegner der Initiative gibt, die versuchen, diese in der Umsetzung zu schwächen.

Zahlreiche Menschen demonstrieren am 14. November 1987 für die Mutterschaftsversicherung.
Legende: Extrembeispiel Mutterschaftsversicherung: «Die Mutterschaftsversicherung war 1945 ein angenommener Gegenvorschlag zu einer Initiative. Umgesetzt wurde die Mutterschaftsversicherung allerdings erst 2004, also rund 60 Jahre später», sagt Marc Bühlmann. Keystone/STR (14.11.1987)

Für die Umsetzung von Initiativen gibt es keine zeitlichen Regeln. «Man muss ganz lange wieder neue Koalitionen und Allianzen suchen, um etwas umzusetzen. Das geht in der Schweiz relativ lange.» Für die Gegnerinnen sei das schleppende System ein Vorteil, so Bühlmann, denn die Gegenargumente würden erneut angehört und fliessen in einen Kompromiss ein.

Gegenvorschlag als Booster

Anliegen könnten jedoch schneller umgesetzt werden, auch in diesem Fall. Stichwort: Gegenvorschlag.«Wenn man möchte, dass eine Idee schnell umgesetzt wird, dann tut man als Initiantin und Initiant besser daran, auf den Gegenvorschlag einzugehen.»

Wo steht die Pflegeinitiative im Moment?

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Die Umsetzung der Pflegeinitiative steht in der Phase, in der im Parlament Kompromisse geschmiedet werden. Zwei Umsetzungsschritte sind geplant. Beim ersten Schritt geht es um mehr Ausbildungsplätze und die finanzielle Unterstützung von Studierenden im Pflegebereich. Dazu gibt es bereits Gesetzesentwürfe. Das Parlament hat die Änderungen abgesegnet. Geplant ist, dass sie Mitte 2024 umgesetzt werden.

In einem zweiten Schritt geht es darum, wie die Arbeitsbedingungen in der Pflege konkret verbessert werden könnten und ob Pflegefachpersonen mehr Lohn erhalten. Wie das konkret passieren könnte, will der Bundesrat im Frühling bekannt geben. Danach berät das Parlament über die Vorschläge.

In der Diskussion zur Umsetzung der Pflegeinitiative stützt man sich ziemlich stark auf diesen indirekten Gegenvorschlag. Aus Sicht der Initiierenden war es jedoch kein Fehler, dass sie die Initiative nicht zurückgezogen haben: «Das Ja an der Urne was symbolisch wichtig», sagt der Politologe.

Auch Anästhesiepfleger Martin Venetz bereut das Festhalten an der Initiative nicht: «Mit dem Gegenvorschlag wäre so gut wie ‹nur› die Ausbildungsoffensive gefördert worden.» Und hätte man mehr Leute ausgebildet, ohne die Bedingungen zu verbessern, wären weiter viele Leute aus dem Beruf ausgetreten, so Venetz.

Es werden wohl noch Jahre vergehen

Eine klare Prognose dazu, wie lange es noch dauert, bis die Pflegeinitiative tatsächlich umgesetzt wird, ist laut Marc Bühlmann schwierig. Doch die Unterstützung in der Bevölkerung, von verschiedenen Akteuren und aus fast allen Parteien sei gross. «Ich gehe davon aus, dass hier nicht mehr sehr grosser Widerstand besteht.» Er rechnet mit keinem Referendum gegen die Umsetzung.

Doch die Umsetzung sei eben nicht nur das Gesetz. Kantone und alle Akteurinnen müssen sich dann auch daran halten. Und das wird wohl noch einige Jahre dauern.

Newsplus, 28.11.2023, 16 Uhr ; 

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