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Wegen Fake-Video Staatsanwaltschaft darf gegen SVP-Nationalrat Glarner ermitteln

  • Gegen den Aargauer SVP-Nationalrat Andreas Glarner darf strafrechtlich ermittelt werden.
  • Es geht um den Fall eines mit künstlicher Intelligenz generierten Videos.
  • Die zuständige Parlamentskommission hat die Immunität von Glarner definitiv aufgehoben.

Mit 8 zu 2 Stimmen schliesst sich die Rechtskommission des Ständerats (RK-S) dem Entscheid der Immunitätskommission des Nationalrats (IK-N) an, wie Kommissionspräsident Daniel Jositsch (SP/ZH) in Bern vor Medien mitteilt.

Mann im Anzug mit Mikrofon.
Legende: Die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten darf nun gegen den SVP-Politiker Andreas Glarner ermitteln. (27.06.2025) KEYSTONE/Anthony Anex

Die Mehrheit in den zuständigen Gremien ist der Auffassung, dass im Fall des Fake-Videos das Interesse an der Strafverfolgung höher zu gewichten sei als die Meinungs­äusserungs­freiheit im Rahmen von Wahlkampagnen.

Grünen-Nationalrätin zeigte Glarner an

Es geht um ein Video, das Glarner im Wahlkampf 2023 teilte. Die Basler Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan äusserte sich in diesem sogenannten Deepfake-Video angeblich zu «kriminellen Türken» und rief zur Wahl der SVP auf. Arslan zeigte Glarner daraufhin an.

Sie wirft Glarner unter anderem vor, ihre Identität missbraucht zu haben. Das ist ein Tatbestand, der erst seit September 2023 im Schweizerischen Strafgesetzbuch verzeichnet ist. Erstmals befassten sich die beiden für die Immunität zuständigen Parlamentskommissionen mit einem solchen Video.

Glarner macht geltend, dass im Video klar signalisiert worden sei, dass es sich um ein mit künstlicher Intelligenz generiertes Video handle. Dessen Inhalt sei so absurd, dass man wissen sollte, dass es nicht echt sei.

Das hier hat eine neue Qualität.
Autor: Daniel Jositsch (SP/ZH) Präsident der Rechtskommission des Ständerates

Die beiden für die Immunität zuständigen Parlamentskommissionen hatten sich erstmals mit einem solchen Video zu befassen. Die Mehrheit in den zuständigen Gremien war der Auffassung, dass im Fall des Fake-Videos das Interesse an der Strafverfolgung höher zu gewichten sei als die Meinungs­äusserungsf­reiheit im Rahmen von Wahlkampagnen. Zudem sei der Zusammenhang des angezeigten Delikts mit der politischen Tätigkeit gegeben.

Das Deepfake-Video gehe einen Schritt weiter als eine Karikatur, die sofort als solche erkennbar sei, sagte Jositsch. «Das hier hat eine neue Qualität, es ist mehr als eine flapsige Äusserung in einer Fernsehsendung oder im Wahlkampf.» Das Video sei mit viel Aufwand produziert worden.

Auf zivilem Weg verurteilt

Box aufklappen Box zuklappen

Das Video hatte schon die Basler Justiz beschäftigt. Das Zivilgericht verurteilte Glarner im November 2023 wegen einer Verletzung der Persönlichkeitsrechte von Arslan zu einer Busse.

Weil die Beschlüsse der Nationalrats- und der Ständeratskommission übereinstimmend sind, kann die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten AG nun ermitteln. Diese hatte im März bekannt gegeben, dass sie in Bern ein Gesuch um Aufhebung der Immunität Glarners eingereicht habe.

Laut Jositsch hat die RK-S jedoch «grosse Zweifel», dass es tatsächlich zu einer Verurteilung kommt. Eine Ehrverletzung sei «sicher nicht gegeben», ein Identitätsmissbrauch «mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht». Die strafrechtliche Beurteilung sei aber die Aufgabe der Richterinnen und Richter.

In anderem Fall greift Immunität

Nicht um KI, sondern um einen Tweet auf X drehte sich der zweite Fall von Nationalrat Glarner, mit welchem sich die RK-S beschäftigte. Die bernische Justiz ersuchte um die Ermächtigung, gegen Glarner wegen Verdachts auf Diskriminierung und Aufruf zu Hass gemäss Antirassismusstrafnorm ermitteln zu können.

Wie die IK-N kam aber auch die Ständeratskommission zum Schluss, dass die Immunität von Glarner in diesem Zusammenhang nicht aufzuheben sei. Der Entscheid fiel gemäss Mitteilung der Parlamentsdienste mit 9 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung. Eine Strafverfolgung wegen der Aussagen von Glarner auf Social Media ist somit ausgeschlossen.

SRF 4 News, 27.06.2025, 15:00 Uhr ; 

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