Eine altehrwürdige Steinmauer, die mit Beton übergossen wurde oder ein unansehnlicher Klotz, der mitten in die Strasse auf den Sustenpass ragt: Solche Bausünden finden sich zuhauf entlang der Urner Passstrassen. Der Kanton findet nun, sie seien deren historischer Bedeutung nicht würdig.
Schliesslich sind diese Strassen seit Jahrhunderten begangen. Quellen belegen, dass die Route über den Gotthard seit dem 13. Jahrhundert genutzt wird. Von napoleonischen Truppen etwa, die sich 1799 in der Schöllenenschlucht ein Gefecht mit Alexander Suworows Männern lieferten und dabei die Teufelsbrücke zerstörten.
Landschaft nicht verschandeln
Auf dieses Erbe soll künftig mehr Acht gegeben werden, wenn eine Sanierung ansteht. Dank eines neuen Gestaltungskonzepts soll die Denkmalpflege ein gewichtiges Wort mitreden können, wenn auf Passstrassen Bauarbeiten anstehen. «Uns ist es ein Anliegen, dass man die Landschaft im Kanton Uri nicht durch eine schlechte Gestaltung der Strassen verschandelt», sagt Denkmalpfleger Thomas Brunner.
Die guten Beispiele
Er und seine Kolleginnen und Kollegen haben festgehalten, wie bei der Sanierung von Brücken, Stützmauern, Entwässerungsrinnen oder Leitplanken vorzugehen ist. In einer entsprechenden Dokumentation haben sie Beispiele gesammelt – schlechte wie auch gute.
Granit als natürliches Material
Als gutes Beispiel nennt Brunner die Stützmauern in der Schöllenenschlucht, dem Tor zum Gotthardpass. Als diese Mauern angepasst wurden, um die Strasse zu verbreitern, hätte man Rücksicht genommen auf die Bausubstanz aus den 1950er-Jahren. «Diese Sanierung ist geglückt», so der Denkmalpfleger.
Die schlechten Beispiele
Erzielt werden könne dies, wenn mit ursprünglichen Baumaterialien gearbeitet werde. «Die historischen Mauern sind vielfach mit Steinen aus der Umgebung gebaut, so fügen sie sich ganz natürlich in die Landschaft ein.»
Im Umkehrschluss missglückten viele Reparatur-Arbeiten, wenn moderneres Material zum Einsatz komme. «Beton beispielsweise kann zum unerwünschten Blickpunkt werden.» Es sei etwa vorgekommen, dass aufwendige historische Kolonnen-Steine, die den Strassenverlauf begrenzen, durch einfache Beton-Abschrankungen ersetzt wurden. Das steche heraus in einer von Granitfelsen geprägten Landschaft.
Uri besonders in der Pflicht
Mit dem neuen Konzept sollen solche Sanierungen künftig verhindert werden. Obwohl dies vorwiegend ein denkmalpflegerisches Anliegen sei, stosse es beim kantonalen Tiefbauamt auf Akzeptanz. «Alle haben ein Interesse an sorgfältig sanierten Passstrassen», so Denkmalpfleger Brunner.
Es zahle sich aus, gut zu den Strassen zu schauen. «Sie haben alle ihren eigenen historischen Wert – für die Militärgeschichte, die Tourismusgeschichte oder die Wirtschaftsgeschichte.» Gerade der Kanton Uri sei hier mit seinen vielen Passstrassen besonders in der Pflicht, auf den Umgang mit der Bausubstanz zu achten.