Nicht Bern, sondern Davos ist in dieser Woche das politische Zentrum der Schweiz. Sechs Bundesrätinnen und Bundesräte sind vor Ort und treffen am Weltwirtschaftsforum in Davos internationale Delegationen. Bis Ende Woche dürften es rund 50 hochrangige Treffen sein, die über die Bühne gehen.
Entsprechend dicht ist die Agenda der Landesregierung. So trifft Karin Keller-Sutter beispielsweise den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski, Beat Jans den tunesischen Migrationsminister Mohamed Ali Nafti und Guy Parmelin den vietnamesischen Premierminister Pham Minh Chinh.
Ein Stadion als zwischenzeitliches «Bundeshaus»
Die meisten der Treffen finden im Eishockeystadion des HC Davos statt. Dort hat sich die Landesregierung während des WEF einquartiert und nutzt nun das Stadion als «House of Switzerland». Damit werden die Räumlichkeiten im Stadion zum temporären Bundeshaus.
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Bild 1 von 3. Im Eishockeystadion des HC Davos empfängt die Landesregierung die ausländischen Delegationen. Für die Treffen stehen mehrere repräsentative Räume zur Verfügung. Bildquelle: SRF / Matthias Heim.
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Bild 2 von 3. Bei den Treffen müssen sämtliche Details stimmen: Die Schreibunterlagen, die Füllfederhalter, und selbst das Blumenbouquet ist von der alpinen Umgebung inspiriert. Bildquelle: SRF / Matthias Heim.
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Bild 3 von 3. Alexandre Edelmann ist der «Hausherr» im «House of Switzerland». Er leitet die Abteilung Präsenz Schweiz, die für den Auftritt der Schweiz gegen aussen zuständig ist. Bildquelle: SRF / Matthias Heim.
Damit all die Treffen im «House of Switzerland» den diplomatischen Gepflogenheiten entsprechend und in einem würdigen Rahmen stattfinden, bedarf es allerdings einer minutiösen Planung.
Die Vorbereitungen fürs Weltwirtschaftsforum dauern praktisch das ganze Jahr. Doch wenige Tage vor dem Anlass wird im Materialdepot des Bundes, ausserhalb von Bern, das Mobiliar und nötige Material vorbereitet und eingepackt.
«Dafür haben wir ‹die Bibel›», sagt Michela Lucchini Zobrist lachend und zeigt auf ein 100-seitiges Handbuch. So nennt sie ihren Ordner voll mit Plänen, Checklisten und Einsatzplänen. Seit über 20 Jahren ist sie die «Leiterin Anlässe» beim Bund und damit mitverantwortlich für einen reibungslosen Ablauf der Anlässe des Bundes.
Zu den wichtigsten Details bei diplomatischen Treffen gehört die jeweilige Landesfahne, erklärt Michela Lucchini Zobrist: «Die Fahne repräsentiert die Ehre des Landes». Würde auf dem Tisch eine falsche Fahne stehen oder eine nicht aktuelle Fahne hängen, käme das einem diplomatischen Fauxpas gleich: «Wir müssen sicherstellen, dass die Fahne die richtige Grösse hat, die richtige Farbe und in der richtigen Reihenfolge platziert wird. Das ist das A und O.»
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Bild 1 von 3. Am Weltwirtschaftsforum in Davos werden besonders häufig die Tischfahnen verwendet. Im Depot in Bern sind die Fahnen aller Staaten und internationalen Organisationen vorhanden. Bildquelle: SRF / Matthias Heim.
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Bild 2 von 3. Die Fahnen müssen stets auf dem neusten Stand sein. Es kommt häufig vor, dass Staaten bei ihrer Landesfahne die Farbe anpassen oder ein Symbol hinzufügen oder entfernen. Bildquelle: SRF / Matthias Heim.
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Bild 3 von 3. Im Materialdepot des Bundes befinden sich Fahnen aller Grössen, Farben und Materialien. Je nach Bedarf werden die entsprechenden Fahnen aus dem Depot geholt und bereitgelegt. Bildquelle: SRF / Matthias Heim.
Und was, wenn es in Davos zu einem spontanen Treffen mit einer ausländischen Würdenträgerin oder einem ausländischen Magistraten kommt? «Wir haben drei Ordner vorbereitet, in denen die Tischfahnen aller Länder drin sind, die wir mitnehmen. So sind wir flexibel», erklärt die zuständige Leiterin für die Anlässe. Gerade am WEF würden solche Treffen häufig sehr kurzfristig angesetzt, mit nur wenigen Minuten Vorlaufzeit, berichtet Michela Lucchini Zobrist. Doch aufgrund ihrer jahrelangen Erfahrung scheint sie dieser Umstand nicht aus der Ruhe zu bringen.
Viele der Treffen dauern typischerweise 20 bis 30 Minuten. Auf den ersten Blick tönt das nicht nach viel. «Das sind 20 Minuten auf einem Weg», betont Alexandre Edelmann, Leiter des «House of Switzerland», und ergänzt: «Auf die Treffen in Davos folgen im Laufe des Jahres oft weitere Treffen». Zudem habe die Schweiz am Weltwirtschaftsforum ein Heimspiel, das es zu nutzen gelte. Auch deshalb wird darauf geachtet, dass jedes Detail stimmt.