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«Schweizer Desinfektionsmittel» – Zuckerfabrik produziert Ethanol
Aus Schweiz aktuell vom 16.06.2022.
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Desinfektionsmittel Swissmade Fertig Engpass? Zuckerfabrik Aarberg macht Ethanol

Als erste Firma der Schweiz produziert die Zuckerfabrik Aarberg BE Ethanol aus Zuckerrüben. Die Desinfektionsmittel-Abhängigkeit vom Ausland wie zu Corona-Zeiten soll damit abgeschwächt werden.

Es ist ein kleiner, unscheinbarer Anbau auf dem Areal der Zuckerfabrik in Aarberg BE: Hier wird kein Zucker hergestellt, sondern Ethanol. Und zwar aus den Resten der Zuckerrüben. Beim Produzieren von Zucker aus den Rüben bleibt nämlich eine Art Zuckersirup übrig – die Melasse. «Die Melasse verdünnen wir mit Wasser, lassen sie mit Hefe und Alkohol zu einem Gemisch vergären und destillieren dieses», sagt Guido Stäger, Geschäftsführer von Schweizer Zucker. Bis jetzt wurde diese Melasse vor allem für Tierfutter verwendet. Nun wird aus einem Teil davon eben auch Ethanol hergestellt.

Dieses Ethanol kann danach zu Schnaps, aber auch zu Desinfektionsmittel weiterverarbeitet werden. «Ethanol als Desinfektions- und Genussmittel braucht es in der Schweiz», sagt Stäger. Nicht zuletzt die Pandemie, aber auch der Ukrainekrieg hätten gezeigt, dass Rohstoffe wichtig und die einheimische Produktion entsprechend relevanter sei. «Darum haben wir gesagt, wir machen Ethanol jetzt auch wieder in der Schweiz.»

Teures Schweizer Ethanol

Dass Desinfektionsmittelhersteller in der Schweiz nun im grossem Stil auf Ethanol aus der Zuckerfabrik Aarberg setzen, ist jedoch utopisch. Einerseits produziert die Fabrik nur kleine Mengen, andererseits ist das Ethanol aus der Schweiz teuer.

Er wolle sich dies aber anschauen, sagt etwa Dominik Hauser, Geschäftsführer des Pharmaunternehmens Hänseler mit Sitz in Herisau, das rund 10'000 Flaschen Desinfektionsmittel pro Tag abfüllt – mit günstigerem, ausländischen Ethanol. «Es ist aber spannend, wenn man sagen kann, unser Produkt kommt direkt aus der Schweiz.» Ob die Kundschaft dafür mehr bezahlen würde, müsse man anschauen. Für Notfallsituationen sei Schweizer Ethanol sicher besonders wichtig, so Hauser.

Mit einer eigenen Produktion sind wir besser aufgestellt.
Autor: Florian Krebs Geschäftsführer Alcosuisse

Im Notfall – zu Beginn der Coronapandemie war die Schweiz auf ausländische Desinfektionsmittel angewiesen. Das Notfall-Pflichtlager hatte der Bund ein paar Jahre zuvor aufgelöst. Mittlerweile ist das Lager wieder voll – gefüllt mit 6000 Tonnen Ethanol. Problem gelöst also?

Nein, findet der Geschäftsführer von Alcosuisse, Florian Krebs, der das Pflichtlager führt und das Ethanol aus der Zuckerfabrik Aarberg bezieht: «Es ist viel sinnvoller, eine Produktion in der Schweiz zu haben, als nur ein grosses Lager mit einem Notvorrat für irgendwann.» Eine eigene Produktion sei nachhaltiger, man könne laufend produzieren. Sollte Corona zurückkommen oder ein anderes Virus, sei man mit Pflichtlager und eigener Produktion besser aufgestellt, so Krebs.

Besser fürs böse Zucker-Image

Die Zuckerfabrik Aarberg produziert pro Jahr nur ein Zehntel des Volumens des Pflichtlagers. Dass sie damit die grosse Retterin sei, behauptet die Zuckerfabrik nicht. Geschäftsführer Stäger meint: «Die nächste Krise kommt sicher, dann hat die Schweiz wenigstens eine kleine Anlage, die hilft, den grossen Bedarf abzudecken.»

Werden dadurch wieder mehr Rüben angebaut?

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Mit der Produktion von Ethanol will die Zuckerfabrik Aarberg auch ein Zeichen an die Landwirtschaft senden. In den letzten Jahren sind nämlich viele Rüben-Anbauflächen verschwunden. Der Anbau war nicht mehr lukrativ, weil die Preise sanken, sich Krankheiten verbreiteten und andere Produkte teilweise attraktiver anzubauen waren.

Nach den schwierigen Jahren habe sich die Situation auf dem Zuckermarkt etwas entspannt, heisst es von den Produzenten und von der Zuckerfabrik. Zudem hat der Bund der Branche mit hohen Subventionen unter die Arme gegriffen.

Dass aus den Zuckerrüben nun auch Ethanol gemacht wird, soll die Zuckerrübenproduktion weiter ankurbeln. «Das ist auch wieder eine Motivation, mehr Rüben anzubauen», sagt Guido Stäger. Rentiere es, könne er auch wieder mehr für die Rüben zahlen.

Eine solche Preissteigerung erhofft sich etwa Andreas Wiedmer, Präsident des Rübenrings Seeland, der für den Transport der Rüben zur Fabrik zuständig ist. «Das ist sogar zwingend, weil unsere ganze Produktion immer teurer wurde.»

Zudem solle es helfen, das Image des Zuckerproduzenten aufzubessern und die Legitimation für die Zuckerproduktion zu steigern. «Zum Zucker gibt es ja unterschiedliche Meinungen und so sieht der Konsument, dass wir auch andere Dinge aus den Rüben machen», so Stäger.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 06.16.2022, 06:31 Uhr;

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