Wer in Oberhofen wohnt, kann sich ob der direkten Lage am Thunersee glücklich schätzen. Aber viele Autofahrerinnen und Autofahrer sind zurzeit sehr unglücklich, weiss Gemeindepräsident Philippe Tobler. Praktisch jeden Abend staut sich der Verkehr auf der einzigen Einfallsachse vom Gemeindegebiet bis in die Stadt Thun auf Kilometern: «Die Leute sind genervt. Man verliert elendiglich viel Zeit. Letzten Sonntag brauchte man von Oberhofen 90 Minuten, um an den Bahnhof Thun zu fahren.»
Umfahrung verschlimmert Situation am rechten Ufer
Mit einer zusätzlichen Brücke über die Aare im Norden von Thun und einem Einbahnregime rund um die historische Altstadt versuchten Bund und Kanton Bern das Thuner Stauproblem zu lösen.
Für eine Mehrheit der Gemeinden der Region brachte der «Bypass Thun Nord» die gewünschte Entlastung. Allein der Verkehr durch die Innenstadt von Thun ist beispielsweise um 40 Prozent gesunken. Die Autofahrerinnen vom rechten Thunerseeufer aber stehen wegen des Einbahnregimes seit zwei Jahren noch länger im Stau und sie müssen erst noch weitere Wege in vielfach verstopften Strassen fahren.
Powerplay für Verkehrsversuch ohne Einbahnregime
Für Oberhofens Gemeindepräsident Philippe Tobler ist das Einbahnregime in der Thuner Innenstadt die «Stauwurzel», deshalb müsse es weg. Ein Verkehrsversuch ohne Einbahnregime solle zeigen, ob das rechte Seeufer so vom allabendlichen Stau befreit oder zumindest entlastet werden könne.
Weniger Lärm, mehr Platz für Velofahrer und Fussgängerinnen in der Innenstadt – die Regionalgruppe VCS Berner Oberland will am neuen Verkehrsregime unbedingt festhalten. Für Geschäftsleiterin Suzanne Albrecht ist die Forderung nach einer Aufhebung eine Zwängerei: «Das Einbahnregime ist eine flankierende Massnahme des Bypass Nord und war immer so abgemacht.» Auch nur ein temporärer Verkehrsversuch lehnt der VCS ab, weil damit die Verkehrsreduktion in der Innenstadt rückgängig gemacht würde.
Verkehrsleitsystem und Tempo 30 sollen Abhilfe schaffen
Seit einem Jahr sucht der Kanton Bern an einem «runden Tisch» mit gegen 80 Interessenvertretern nach Auswegen aus der verfahrenen Situation. Das «Verkehrsforum Thun» hat sich eben erst auf Sofortmassnahmen geeinigt: So soll auf der Haupteinfallsachse nach Thun bei Stau das Tempo auf 30 Kilometer pro Stunde reduziert werden. Damit sollen «Handorgeleffekte» verhindert werden, die regelmässig zu Stau führten, sagt Kreisoberingenieur Markus Wyss.
Ebenfalls ist angedacht, zu Beginn des Thunersees in Interlaken, den Autofahrern mit Anzeigetafeln die Reisezeitenverluste am rechten Thunerseeufer anzuzeigen.
Der Gemeinde Oberhofen gehen die Sofortmassnahmen zu wenig weit. Philippe Tobler hat keine Lust mehr auf «Palaver», er kehrt dem «runden Tisch» den Rücken. Kreisoberingenieur Markus Wyss nimmt dies mit Bedauern zur Kenntnis. Denn ohne Teilnahme am Dialog gebe es auch kein Mitbestimmen.