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Die Qual der Spitalwahl Online-Vergleichsportale versprechen mehr, als sie halten

Im Internet anhand objektiver Daten das beste Spital für den anstehenden Wahleingriff finden: Wirklich funktionierende Angebote wird es nicht so schnell geben.

Mit wenigen Klicks zum Hotel der Wahl: Was bei der Ferienplanung gang und gäbe ist, gewinnt auch bei der Spitalwahl an Beliebtheit. Aber funktioniert es auch ebenso gut?

Wer hat was geprüft?

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Die «Puls»-Expertengruppe

  • Daniela Puhan , Hausärztin und Leiterin einer Gruppenpraxis in Zürich
  • Stuart Mc Lennan , Forscher am Institut für Bio- und Medizinethik der Universität Basel
  • Erika Ziltner , Patientenvertreterin und Leiterin Patientenstelle Zürich
  • Florian Rüter , Herzchirurg und Qualitätsverantwortlicher im Unispital Basel

Geprüfte Vergleichsportale

Für die SRF-Gesundheitssendung «Puls» hat eine vierköpfige Expertengruppe sieben Schweizer Online-Vergleichsportale unter die Lupe genommen.

Wie gut finden sie die Suchresultate? Wer liefert die Daten? Wie viele Kennzahlen werden ausgewiesen? Und: Ist die Methodik hinter den Zahlen transparent?

Ein beliebter Referenzwert: die Sturzrate. «Das ist einer der wenigen Werte, die schweizweit erfasst werden und sich vergleichen lassen», weiss Florian Rüter vom Unispital Basel.

Aber aufgepasst: Die Daten sind teils ein bis zwei Jahre alt und sagen nichts über den aktuellen Zustand aus. Ein grundlegendes Problem nicht nur bei den Sturzzahlen.

Ein weiteres Qualitätsmerkmal: Die sogenannte Dekubitusrate, also wie oft es zu Druckstellen und Verletzungen durch Wundliegen kommt. Ein wichtiger Hinweis auf die Sorgfalt der Pflege.

Das Problem damit: Die entsprechenden Kennzahlen werden nicht laufend erhoben, sondern nur einmal jährlich – zu selten für relevante Rückschlüsse.

Verantwortlich für diese und weitere Zahlen ist der Verein für nationale Qualitätsentwicklung ANQ, der im Auftrag von Spitälern, Behörden und Fachverbänden tätig ist. Die Ergebnisse sind auf anq.ch wissenschaftlich dargestellt und für ein Fachpublikum bestimmt. «Für Laien ist die Interpretation dieser Zahlen schwierig», meint Erika Ziltener.

Das Portal qualicheck.ch hingegen wurde von der Expertenrunde als sehr verständlich empfunden. Ärztin Daniela Puhan lobt die benutzerfreundliche Darstellung und die teilweise vom Anbieter selbst erhobenen Daten. «Wir haben uns aber auch gefragt, wie es bei einem Angebot einer Krankenkasse mit der Unabhängigkeit aussieht.»

Gar nichts hält die Expertenrunde von Plattformen mit Bestenlisten. Florian Rüter: «Solche Angebote würde ich persönlich überhaupt nicht wählen.»

Comparis verzichtet auf Ranglisten und auch auf viele Qualitätsindikatoren. Stattdessen setzt man auf Fallzahlen und Patientenzufriedenheits-Umfragen. Zu oft aber auch da: lückenhafte Daten. Erika Ziltener überzeugt dies nicht: «Das genügt nicht, um medizinische Qualität wirklich zu prüfen.»

Auch qm1.ch vermochte nicht wirklich zu überzeugen: «Das Portal ist sehr unübersichtlich und verlinkt oft bloss auf Webseiten von Spitälern mit deren eigenen Daten», erklärt Daniela Puhan.

Viel Potenzial, aber noch nicht brauchbar

Kann ein Patient überhaupt alleine mit den heutigen Plattformen für sich das richtige Spital finden? Einhellige Antwort der Expertengruppe: Nein. Noch nicht. Die Datenlage ist dafür noch bei weitem zu dünn.

Das sagen QM1 und Comparis

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«Puls» hat die Anbieter, die im Test am schlechtesten abschnitten, um eine Stellungnahme gebeten.

  • QM1 schrieb, dass die Website ein erster Ansatz sei. Ein Werkstatt-Projekt, das vor allem einen Impuls liefern soll.
  • Comparis schrieb, dass man bewusst auf Patienten-Erfahrungen setze und dort auch noch umfassender Daten liefern wolle. Solche Erfahrungsberichte seien durchaus relevant für anderen Patientinnen und Patienten, auch wenn sich damit die medizinische Qualität nicht vegleichen lasse. Diesen Anspruch habe man aber auch nicht.

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