Frédéric Guerne strahlt, wenn er seine eigene Maschine fernsteuert. «Die Maschine ist wie ein Kind für mich. Dahinter steckt jahrelange Arbeit», sagt er. Tatsächlich hat der Direktor der Stiftung Digger aus Tavannes im Berner Jura sein halbes Leben lang an der Entwicklung der zwölf Tonnen schweren Präzisionsmaschine zur Räumung von Minen gearbeitet.
Es ist die vierte Generation: Eine ferngesteuerte und panzerähnliche Maschine, die nach Kriegen verseuchtes Terrain von gefährlichen Land- und Panzerminen befreit. Dank ihr müssen Menschen nicht mehr ins Feld und mit blossen Händen Minen räumen. «Dieses Modell ist derzeit wohl weltweit das beste auf dem Markt», sagt Guerne – ein sonst eher bescheidener Tüftler, der nicht gerne in Superlativen von sich spricht – in der Sommer-Serie der Sendung «10vor10».
Weltweit im Einsatz
Die neuste Maschine, die D-250 der Non-Profit-Stiftung Digger – was so viel wie «Bagger» heisst und die Natur der schweren Maschine umschreibt – ersetzt im Feld bis zu 300 Menschen. Heute ist sie in rund 15 Ländern weltweit im Einsatz.
Wenn ich an die Kinder denke, die dank unserer Maschine noch leben, gibt mir das Energie, um jeden Tag weiter zu machen.
Ferngesteuert zerstört sie alles, was ihr in die Quere kommt: Sie macht Minen an Ort und Stelle unschädlich, indem sie diese aus dem Boden gräbt oder von Bäumen holt und zur Explosion bringt. Selbst Minen mit bis zu 10 Kilogramm Sprengstoff können dem Gerät nichts anhaben.
Anfänge im Bauernstall
Guerne hat mit seiner Arbeit 1998 in einem Bauernstall im Berner Jura begonnen. Mit ihm glaubten damals insgesamt fünf junge Männer an dem Traum, die Welt von Landminen zu befreien.
Jahrelang arbeitete der Ingenieur ehrenamtlich und tüftelte an neuen Prototypen. Immer die Menschen im Hinterkopf, welche durch die neue Technologie gerettet werden könnten. «Wenn ich an die Kinder denke, die dank unserer Maschine noch leben, gibt mir das auch heute Energie, um jeden Tag weiter zu machen.»
Noch heute leben Millionen Menschen weltweit in von Minen durchsetztem Gebiet. Tausende Menschen sterben Jahr für Jahr durch deren unkontrollierte Explosion oder werden dabei schwer verstümmelt.
Humanitäre Arbeit mit Tücken
Die Stiftung Digger finanziert sich vorwiegend aus privaten Spenden und gehört weltweit zu den angesehenen Organisationen in der Minenräumung. Doch die Arbeit gestaltet sich seit eh und je schwierig. In den Krisenjahren 2014 und 2015 verkaufte die Stiftung nur eine Maschine.
Mein Traum ist es, dass es unsere Arbeit irgendwann nicht mehr braucht.
In der Sommer-Serie der Sendung «10vor10» spricht Guerne über die Komplexität seiner Arbeit: «Die Welt der Minenräumung ist nicht nur eine Frage der Technik. Das ist eine Arbeit mit Menschen und schwierigen Umständen. Es gibt etwa Länder, die müssten dringend von Minen geräumt werden. Aber es wird nichts unternommen, einfach weil es politische Spannungen gibt und niemand ein Interesse daran hat, die Menschen zu schützen.» Das sinnlose Leid sei nicht einfach mitanzusehen.
Viele der Minenräumungsmaschinen, die heute in 15 Ländern im Einsatz stehen, hat die Stiftung Digger denn auch verschenkt. Den Preis von 400'000 Franken wollen oder können sich Regierungen oft nicht leisten.
Neue Kriege – neue Lösungen
Der Ingenieur aus dem Berner Jura arbeitet bereits an neuen Ideen. Denn in Kriegsgebieten wie Syrien oder dem Irak, wo Städte vollständig zerstört werden und mit gefährlichen Bomben verseucht sind, braucht es neue Lösungen, um die Gebiete wieder sicher zu machen.
Das Ziel von Digger ist es, mit ferngesteuerten Baggern und der Hilfe der Virtual-Reality-Technologie (VR-Technologie), Städte von Minen und Bomben zu räumen, ohne dass sich Menschen in die gefährlichen Ruinen begeben müssen. «Unsere bisherige Maschine kann nicht in diese Gebiete. Dafür ist sie nicht gemacht. Wir brauchen neue Lösungen.»
Aufrüstung von Baggern
Digger hat ein System entwickelt, das einfache Bagger aufrüstet. «Der Chauffeur sitzt dank der VR-Technologie nur virtuell und nicht echt im Cockpit des Baggers und kann das Gerät aus einer Entfernung von bis zu einem Kilometer steuern.» Indem er die Situation durch eine VR-Brille sieht – als wäre er tatsächlich in der Steuerkabine des Baggers und somit im Feld. In echt hält er sich aber in sicherer Distanz auf.
Guerne sagt, er habe auch schon darüber nachgedacht, etwas anderes zu machen. Doch: «Mein Traum ist es, dass es unsere Arbeit irgendwann nicht mehr braucht. Soweit ist es aber noch nicht. Deshalb mache ich weiter.»