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Diskriminierung und Rassismus UNO-Experten geben Schweizer Polizei und Justiz schlechte Noten

Struktureller Rassismus sei in der Schweiz gang und gäbe, so eine Expertengruppe in einem ersten Fazit.

Gerade bei Justiz und Polizei sei rassistisches Verhalten gegenüber Menschen mit afrikanischen Wurzeln verbreitet. Zu diesem Schluss kommt eine Expertengruppe der UNO für Menschen afrikanischer Herkunft (WGEPAD). Sie wurde vom EDA eingeladen. In einer Mitteilung an die Medien hat die Gruppe erste Befunde bereits veröffentlicht.

Dies schreibt die Expertengruppe der UNO:

Die Experten haben Zürich, Lausanne und Genf besucht, um vor Ort die Situation afrikanischstämmiger Menschen zu erforschen. Die Ergebnisse werden zusammen mit Empfehlungen im September 2022 dem UNO-Menschenrechtsrat vorgelegt. Das Mandat dieser Expertengruppe beschränkt sich auf die Situation afrikanischstämmiger Menschen in der Schweiz.

Konkret führt die Gruppe das Beispiel des schweizweit bekannten jungen Häftlings Brian K. an. «Sein Fall ist ein Beispiel von systemimmanentem Rassismus in der Schweiz», schreibt die Gruppe. «Rassistische Diskriminierung und Ungerechtigkeit spielte in jeder Stufe dieses Falls mit, inklusive rassistische Stereotypen und negativen rassistischen Zuschreibungen über schwarze Männer, auch als Kinder», so das Fazit.

Geringe Sensibilität

Trotz des erkennbaren guten Willens des Bundes komme es bei Polizeieinsätzen und vor Gericht immer wieder zu Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe, schreiben die Vertreterinnen und Vertreter der Expertengruppe. Teil des Problems seien die verschiedenen Ebenen von Bund, Kantonen und Gemeinden, wo Bewusstsein und Lösungswille nicht überall gleich ausgebildet seien. Verbale Angriffe und Herabsetzung gehörten zur täglichen Erfahrung der meisten Menschen mit afrikanischen Wurzeln.

Eine Gruppe weisser Polizisten kontrolliert eine Gruppe schwarzer Männer
Legende: UNO-Experten: Zentral erfasste Daten zum Racial Profiling fehlen in der Schweiz. Keystone

Es fehlten zudem zentral erfasste Daten zum sogenannten Racial Profiling (rassistische Diskriminierung) durch Polizei und Justiz, an Bildungsinstitutionen oder am Arbeitsplatz. Am meisten kritisieren die Experten, dass immer noch ein unabhängiger Untersuchungs- und Beschwerdemechanismus bei Fällen rassistischer Diskriminierung fehlt. Auch Gesetzeslücken gelte es zu schliessen; das Fehlen einer zivilgesetzlichen Grundlage erschwere den Kampf gegen und biete Opfern in grundlegenden Lebensbereichen, wie Wohnen und Arbeiten, keinen Schutz.

Das sagt die Fachstelle für Rassismusbekämpfung des Bundes dazu:

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Marianne Helfer, Leiterin der Fachstelle für Rassismusbekämpfung des Bundes stellt die Zwischenergebnisse in einen grösseren Kontext. «Die Daten der Beratungsstellen zeigen, dass als häufigster Diskriminierungsgrund die Nationalität genannt wird. Als zweithäufigster Grund wird die Hautfarbe genannt.»

Das Hauptproblem aus ihrer Sicht ist – und das deckt sich mit der Expertengruppe der UNO–, dass in der Schweiz das Verständnis von Rassismus als strukturelles Problem fehle. «Rassismus ist im System verankert und beeinflusst unsere Handlungen.»

Ein Schritt, wirkungsvoll dagegen anzugehen, könne unter anderem sein, wenn Institutionen, Verwaltungen und private Arbeitgeber Menschen mit Rassismuserfahrungen anstellen würden.

SRF 4 News, 28.01.2022, 06:18 Uhr; ; 

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