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Diskussion um Zersiedelung SBV bringt sich gegen Landschaftsinitiative in Stellung

Der Bauernverband will, dass in Landwirtschaftszonen auch künftig neue Gebäude erstellt werden können.

Die Kälber im alten Stall der Familie Balsiger haben viel Platz. Denn die 40 Kühe sind jetzt im neuen Freilaufstall untergebracht. Dieser ist auffallend gross, luftig, modern. Die Kühe werden nicht mehr von Hand gemolken, sondern vom Melkroboter. Den Kot putzt ebenfalls ein Roboter weg.

Freilaufställe brauchen mehr Fläche

Für den Bauernverband SBV ist der Hof der Familie Balsiger ein gutes Beispiel dafür, wie sich die Landwirtschaft entwickeln soll.

Freilaufstall auf dem Bauernhof der Familie Balsiger.
Legende: Im Freilaufstall der Bauernfamilie Balsiger haben die Kühe viel mehr Platz, er ist aber auch etwa doppelt so gross wie ein traditioneller Anbindestall. Keystone/Peter Schneider

Aber so ein Freilaufstall brauche deutlich mehr Fläche als ein traditioneller Anbindestall, wo jede Kuh ihren fixen Platz habe, sagt Markus Ritter, Präsident des Bauernverbands. «Diese Kuhhaltung braucht doppelt so viel Platz wie in einem herkömmlichen Anbindestall», betont er.

Die Flächen der Gebäude ausserhalb der Bauzone würden mit der Landschaftsinitiative stark eingeschränkt.
Autor: Martin Rufer Schweizer Bauernverband

Nun befürchtet der Bauernverband, dass die Landschaftsinitiative solche Ausbauprojekte verhindern würde. «Die Flächen der Gebäude ausserhalb der Bauzone würden mit der Landschaftsinitiative stark eingeschränkt», sagt Verbandsdirektor Martin Rufer. Deshalb bekämpft der SBV die Initiative.

Initianten widersprechen dem SBV

Doch Elena Strozzi, Geschäftsführerin der Landschaftsinitiative, widerspricht: Die Volksinitiative richte sich nicht gegen die Bäuerinnen und Bauern.

«Was nötig ist für die Bäuerinnen, Bauern und die Landwirtschaft, darf weiterhin gebaut werden», betont sie. Und grössere Ställe, die mehr Tierwohl bieten, seien sehr wohl im Sinne der Landschaftsinitiative.

Das will die Landschaftsinitiative

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Einzeln stehende Häuser im hügeligen Appenzell.
Legende: Keystone/Gaetan Bally

Die im März 2019 lancierte Landschaftsinitiative will die Trennung von Baugebiet und Nichtbauzone in der Bundesverfassung verankern. Sie hat zum Ziel, die bebaute Fläche ausserhalb der Bauzonen einzufrieren.

Dass die bebaute Fläche ausserhalb der Bauzonen nicht wachsen dürfe, beziehe sich nicht auf den einzelnen Hof, sondern national auf die gesamte überbaute Fläche ausserhalb der Bauzonen, so Strozzi. Sie ist überzeugt, dass ein Ja zur Landschaftsinitiative den Bäuerinnen und Bauern nicht schaden würde.

Umstrittener Gegenvorschlag

Wie genau die Initiative umgesetzt würde, müsste nach einem Ja an der Urne das Parlament entscheiden – und dieses arbeitet aktuell an einem Gegenvorschlag. Also einem Kompromissvorschlag, der weniger weit geht als die Initiative, aber dennoch die wichtigsten Anliegen aufnimmt.

Man führe einen guten Dialog mit den Initiantinnen und Initianten und das Parlament komme voran, sagt Bauernverbandspräsident Ritter: «Es gibt durchaus Chancen, dass wir uns finden können», zeigt er sich überzeugt. Der Gegenvorschlag ist vom Ständerat verabschiedet worden, er kommt jetzt in den Nationalrat.

Wir können den aktuellen Gegenvorschlag nicht akzeptieren.
Autor: Elena Strozzi Geschäftsführerin der Landschaftsinitiative

Allerdings passt die aktuelle Version des Ständerats den Initiantinnen und Initianten nicht: Er erlaube zu viele Ausnahmen, sagt Strozzi. Denn laut dem Gegenvorschlag könnten nicht mehr für die Landwirtschaft benutzte Gebäude sehr einfach in Wohnhäuser umgebaut werden. «Das ist der Grund, weshalb wir ihn nicht akzeptieren können.»

Jetzt hoffen sowohl Bauernverband als auch die Initiantinnen, dass am Ende eine Variante vorliegt, der beide Seiten zustimmen können.

Echo der Zeit, 03.01.2023, 18:00 Uhr

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