Mitte-Links legt in der Schlussabstimmung im Nationalrat überraschend das Veto ein: Es gibt keine höheren Hürden für den Wechsel von der Armee in den Zivildienst. Nicola Goepfert, Geschäftsführer des Schweizerischen Zivildienstverbandes Civiva, freut sich über den Entscheid – und erklärt, was dieser mit der Coronakrise zu tun haben soll.
SRF News: Der Nationalrat hat überraschend die Änderungen beim Bundesgesetz über den zivilen Ersatzdienst in der Schlussabstimmung abgelehnt. Wie ist Ihre Reaktion darauf?
Wir sind sehr erfreut. Vor allem auch darüber, in welcher Deutlichkeit dieses Gesetz abgelehnt wurde. Das zeigt, wie tief der Zivildienst in der Bevölkerung verankert ist und wie gross die Unterstützung war. Das wurde in den letzten Monaten aufgezeigt – unter anderem mit fast 10'000 Personen, die sich schon bereit erklärt haben, das Referendum notfalls zu unterstützen.
Ich bin überzeugt, dass der Zivildienst in Zukunft verstärkt eingesetzt werden muss. Gerade in schwierigen Situationen.
Bei der Beratung des Gesetzes gab es auch im Nationalrat immer komfortable Mehrheiten. Nun ist die CVP zum Teil umgeschwenkt und hat zu einem Nein verholfen. Wie erklären Sie sich das?
Durch das Gesetz wurde viel über den Zivildienst diskutiert. Und es wurde anerkannt, was der Zivildienst für die Gesellschaft leistet. Gerade die Coronakrise hat gezeigt, dass Zivildienstleistende jeden Tag dort im Einsatz sind, wo sie die Gesellschaft braucht. Im letzten Jahr wurden rund 1.6 Millionen Zivildiensttage geleistet. 80 Prozent davon in der Pflege und Betreuung der Menschen.
Die Aussage, die Armee habe Bestandesprobleme, ist schlichtweg falsch.
Denken Sie, die Coronakrise und die Ablehnung der Vorlage im Parlament führen zu einer Stärkung des Zivildienstes? Könnte er in Zukunft etwa auch zusätzliche Aufgaben übernehmen?
Ich bin überzeugt, dass der Zivildienst in Zukunft verstärkt eingesetzt werden muss. Gerade in schwierigen Situationen. Es gibt auch andere Punkte, wie der Zivildienst weiterentwickelt werden kann. Nun muss geschaut werden, wo die Möglichkeiten liegen.
Gleichzeitig hat die Armee immer gesagt, sie habe Bestandesprobleme. Deshalb müsse man den Zivildienst unattraktiver machen. Wie soll die Armee nun ihre Bestandesprobleme lösen?
Die Aussage der Armee ist schlichtweg falsch. Die Armee hatte im letzten Jahr einen Bestand, der sogar über dem gesetzlichen Maximum liegt. Auch die demografische Entwicklung deutet darauf hin, dass wieder mehr junge Männer dienstpflichtig sein werden. Daher sehe ich kein Problem für die Bestände der Armee.
Das Gespräch führte Philipp Burkhardt.