Direkt neben dem Dorfplatz in Erlinsbach im Kanton Solothurn steht ein kleines Häuschen. Wer hier über die Türschwelle tritt, den beschleicht das Gefühl, dass die Zeit stehen geblieben ist. Auf einem alten Holztisch liegen Gitter mit Birnenschnitzen und Zwetschgen. Man riecht zwei alte Dörröfen, die immer noch ihren Dienst tun. Seit etwa 100 Jahren hat sich hier kaum was verändert.
Im Dörrhüsli Erlinsbach kann man seine Äpfel, Kürbisse, Pilze oder Kräuter abgeben und sie dörren lassen. Der Obst- und Gartenbauverein Erlinsbach betreibt die rund 100-jährigen Dörröfen als Non-Profit-Angebot. Wer seine Produkte hier dörren lassen will, bezahlt einen Unkostenbeitrag. Im letzten Jahr wurden in Erlinsbach über 800 kg Zwetschgen, über 200 kg Birnen und fast 300 kg Äpfel gedörrt.
Grosses Einzugsgebiet für zwei Öfen
Die Kundschaft reise manchmal aus bis zu 30 Kilometern Entfernung an, sagt Käthy Schüttel. Sie gehört zum Obst- und Gartenbauverein Erlinsbach und betreut die alte Dörranlage. «Normalerweise bringen die Leute ihre Waren bereits geschnitten und sie helfen dann auch beim Auslegen.» Verschiedene Produkte im selben Vorgang zu trocknen, sei kein Problem. «Weil unsere Öfen so gross sind und so viel Luft umwälzen, spielt das keine Rolle», sagt Käthy Schüttel.
Beim Dörren gehe es eben nicht nur um die Wärme, welche die Öfen produzieren, sondern gedörrt werde auch dadurch, dass die Luft mit integrierten Ventilatoren umgewälzt werde, erklärt Käthy Schüttel. Es herrsche eine konstante Wärme.
Dörren als Vorläufer des Kühlschranks
Früher gab es in vielen Dörfern einen öffentlichen Dörrofen, so wie in Erlinsbach. «Das Dörren ist eine alte Schweizer Tradition», sagt Thomas Kauderer vom Schweizer Obstverband. «Früher gab es keine Kühlschränke, damals wurden die Früchte vor dem Verderben geschält und zum Beispiel an Kachelöfen aufgehängt.» Das Dörren sei letztlich eine Massnahme gewesen, um Produkte zu konservieren.
Einst aus der Notwendigkeit geboren, sei Dörren heute aber wegen des Geschmacks immer noch sehr beliebt. «Man hat einfach gemerkt, dass die Leute gerne Trockenfrüchte essen», sagt Kauderer.
Zudem spricht er von Lifestyle-Produkten – gerade bei der jüngeren Kundschaft. «Heutzutage ist man sich gewohnt, dass man die Produkte das ganze Jahr frisch kaufen kann. Doch viele Leute haben schlicht Freude daran, das Obst aus ihrem eigenen Garten haltbar zu machen.»
Beliebt auch bei jüngerem Publikum
Zurück in Erlinsbach. Auch Käthy Schüttel bestätigt, dass keineswegs nur ältere Damen zu ihrer Kundschaft gehören. «Viele junge Frauen kommen mit ihren Kindern zu uns und schätzen sehr, dass man im Dörrhüsli den Prozess des Dörrens vor Ort miterleben kann.»
Der Geschmack ist mit den neuen Geräten nicht mehr derselbe.
Sie ist gerade dabei, in einem der beiden Öfen Nüsse zu dörren. «In einem unserer Öfen können wir auch Nüsse dörren, doch dazu muss man den Ofen anders einstellen.»
Die beiden Öfen in Erlinsbach muten zwar nostalgisch an, doch sie verrichten ihren Dienst nach wie vor zuverlässig. Der Verein habe zwar schon überlegt, neue Modelle anzuschaffen, sagt Käthy Schüttel. Man habe auch welche getestet, doch überzeugt hätten sie die neuen Geräte nicht. «Der Geschmack ist mit den neuen Geräten nicht mehr derselbe.»