Schweizer Skigebiete hatten in den letzten Jahren mit Schneemangel und sinkenden Gästezahlen zu kämpfen. Immer mehr stellen deshalb ihre Preispolitik um. Das Rezept kennt man aus der Flugbranche und heisst: dynamische Preise.
Andermatt machte es im Vorjahr vor. Nun ziehen mit St. Moritz und Zermatt zwei Hochpreis-Destinationen mit einem solchen flexiblen Modell nach. «Das Ziel ist es, nachfrageschwachen Zeiten mit attraktiven Preisen anzukurbeln und in nachfragestarken Zeiten mit etwas höheren Preisen die Nachfrage zu glätten», sagt Sandra Stockinger von den Zermatter Bergbahnen.
Schönes Wetter treibt Preise in die Höhe
Fixpreise gibt es dort nun nicht mehr. Ein Algorithmus legt aufgrund der erfahrungsgemässen Nachfrage für jeden Tag einen Tarif fest. Von da an kann dieser nur noch steigen. Die Anzahl verkaufter Tickets und gute Wetteraussichten erhöhen den Preis.
Belohnt wird, wer online, möglichst früh und für mehrere Tage bucht. Viel bezahlt hingegen, wer spontan bei schönem Wetter und in der Hochsaison Skifahren will.
Das hat eine erhebliche Preisspanne zu Folge. Zwei Beispiele:
- In St. Moritz könnte der Tarif diesen Winter für eine Tageskarte von 45 bis 105 Franken schwanken. Letztes Jahr lag der Preis noch fix bei 79 Franken.
- In Zermatt bewegt sich der Preis für einen 6-Tages-Pass neu zwischen 338 und 422 Franken. Letzte Saison kostete er noch fix 380 Franken.
Alex von Hettlingen von der Stiftung für Konsumentenschutz kritisiert den Tarif-Dschungel: «Der Kunde weiss nicht mehr, was eigentlich der Normalpreis ist. Dieser gäbe ihm einen Anhaltspunkt, um ihn mit anderen Skigebieten zu vergleichen. So aber wird es schwierig, die Übersicht zu wahren.»
Wetterabhängiges Pricing
Kundenfreundlicher findet er das meteo-dynamische Modell, das die Fachhochschule St. Gallen in den letzten zwei Jahren im Pizol (SG) testete. Hier gibt es im Online-Vorverkauf einen Tagespreis von 54 Franken. Sobald sich aber die Wetterprognose verschlechtert, fällt der Preis. Im Extremfall auf bis zur Hälfte von 27 Franken.
Die Pizolbahnen machten gute Erfahrungen damit: Rund die Hälfte des Umsatzes aus den Tagesverkäufen kam von Gästen, die nur dank den vergünstigten Tickets angereist waren. Mit der Belalp im Wallis und neu dem Wierihorn im Berner Oberland setzen zwei weitere Gebiete auf dieses wetterabhängige Pricing.
Christian Kluge, der mit seinem Berliner Start-Up-Unternehmen die Modelle für St. Moritz und Zermatt entwickelt hat, sagt: «Es ist davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren die Mehrheit aller grossen und mittelgrossen Skigebiete auf dynamische Preise umsteigen werden.» In den USA sind solche längst etabliert, in Europa übernimmt die Schweiz damit eine Vorreiterrolle.