Das bürgerliche überparteiliche Komitee gegen die Ecopop-Initiative nennt das Volksbegehren «absurd und schädlich». «Im Ausland Verhütung predigen und die Schweiz blockieren» gehe nicht, sagten seine Vertreter vor den Medien in Bern.
Im Vergleich zur SVP-Zuwanderungsinitiative vom Februar lasse die Ecopop-Initiative dem Bundesrat keinen Freiraum für Verhandlungen mit der EU, warnte FDP-Nationalrätin Petra Gössi (SZ). «Bei einer Annahme sind die bilateralen Verträge nicht nur gefährdet, nein, sie sind vom Tisch», sagte Hans Grunder (BDP/BE).
Gefährdung der Bilateralen
Die Folgen: Schweizer Unternehmen würden keinen garantierten Zugang zu öffentlichen Aufträgen mehr haben, Auswanderungswillige hätten es schwer auf dem EU-Arbeitsmarkt, Exporte würden komplizierter und die Schweizer Forschung hätte kaum mehr Zugang zu den EU-Forschungsprogrammen.
Kurz: Die Initiative «nimmt keine Rücksicht auf die wirtschaftliche und politische Situation der Schweiz», erklärte Gössi.
Verteilkampf um Fachkräfte
Mit der starren Begrenzung der Einwanderung verwehre die Initiative der Wirtschaft zudem die notwendigen Fachkräfte. «Es ist davon auszugehen, dass nicht einmal alle durch Auswanderung oder Rente freiwerdenden Stellen neu besetzt werden können», sagte Gössi.
Laut SVP-Nationalrat Hansjörg Walter (TG) würde «die unflexible Maximal-Beschränkung die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes abwürgen». Angesichts knapper Kontingente befürchtet er harte Verteilkämpfe zwischen den Branchen und sieht KMU und Landwirtschaft als Verliererinnen zugunsten von Spitälern und Alterspflege.
Der Genfer Nationalrat Guillaume Barazzone (CVP) fürchtet zugleich um das «Internationale Genf», da bei der Zuwanderungsquote Asylsuchende mit Fachkräften, Auslandschweizer, ausländischen Ehepartnern und internationalen Funktionären «in einen Topf geworfen werden».
«Bildung bewirkt weit mehr als Kondome»
Verliererinnen wären bei einem Ja zur Initiative auch die Frauen in Entwicklungsländern. Statt wie heute in Bildung und Armutsbekämpfung zugunsten von Frauen zu investieren, müsste die Schweizer Entwicklungshilfe das Geld in Verhütungsmittel und Aufklärung stecken, erklärte EVP-Nationalrätin Marianne Streiff (BE).
Die Armutsmisere habe nichts mit mangelnder Verfügbarkeit von Verhütungsmitteln zu tun. «Je länger in einem Land junge Frauen durchschnittlich zur Schule gehen, desto tiefer ist die Geburtenrate.» Die Idee von Ecopop nennt Streiff daher Scheinlösung.
«Ecopop ist keine Umweltinitiative»
Mit einem weiteren Schein räumte Tiana Moser (GLP/ZH) auf: Der Initiative fehle die ökologische Dimension; «Ecopop ist keine Umweltinitiative». Für das Klima sei es irrelevant, ob CO2 in Schaffhausen oder in München ausgestossen werde.
Ecopop ignoriere die Frage, wie viele Ressourcen auf der anderen Seite der Grenze verbraucht würden. «Liberale und zielführende Lösungen setzen bei Konsum und Verbrauch an.»
Die Ecopop-Initiative, die am 30. November zur Abstimmung kommt, verlangt eine Beschränkung der Zuwanderung auf 0,2 Prozent pro Jahr. Zudem sollen 10 Prozent der Schweizer Entwicklungshilfegelder in freiwillige Familienplanungsprogramme fliessen. Das überparteiliche Gegenkomitee setzt sich aus über 100 Nationalrätinnen und Nationalräten der BDP, CVP, EVP, FDP, GLP und SVP zusammen.