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Ecopop-Initiative Trotz «Ecoflop»: Bilaterale stehen weiter auf der Kippe

Die Ecopop-Initiative ist zwar vom Tisch, doch die Bilateralen mit der EU bleiben akut gefährdet. Grund ist die im Februar angenommene Masseneinwanderungs-Initiative. Sie widerspricht dem Prinzip der Personenfreizügigkeit. Und daran lässt die EU nicht rütteln, wie EU-Kommissar Hahn erneut betonte.

Der Bundesrat kann ein wenig aufatmen. Das Nein zur Ecopop-Initiative gibt der Regierung mehr Spielraum für Verhandlungen mit der EU in der Einwanderungsfrage. Doch auf dem Tisch liegt noch immer die im Februar angenommene Masseneinwanderungs-Initiative der SVP.

Bei Prinzipien gibt es nie Verhandlungsspielraum.
Autor: Johannes Hahn EU-Kommissar

Diese fordert ab 2017 eine jährlich festzulegende, aber nicht näher definierte Einwanderungs-Obergrenze. Das widerspricht dem EU-Prinzip der Personenfreizügigkeit – daran lässt die EU nicht rütteln, wie EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn erneut betonte.

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Die Personenfreizügigkeit gehöre zu den Grundprinzipien der EU, «über die wir nicht verhandeln können», sagte Hahn in Brüssel. «Bei Prinzipien gibt es nie Verhandlungsspielraum.»

Damit bestätigte er, was bereits im Juli die damalige EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton dem Bundesrat geschrieben hatte: Die EU ist nicht bereit, über Quoten und Inländervorrang zu verhandeln.

Bundesrat im Dilemma

Der Bundesrat, der die SVP-Initiative umsetzen muss, braucht aber einen Kompromiss mit der EU. Andernfalls kämen die sogenannten Bilateralen Verträge in Gefahr.

«Ausser wenn man das Volk wieder abstimmen lässt, sehe ich nicht, wie der Bundesrat die Bilateralen retten könnte, wenn er den Volkswillen berücksichtigen will», sagte der Politologe Pascal Sciarini von der Universität Genf.

Der Bundesrat wird im Januar seinen Entwurf des Umsetzungsgesetzes in die Ämterkonsultation schicken, wie Bundesrätin Simonetta Sommaruga noch am Sonntag erklärt hat. Danach wird der Entwurf die verschiedenen Stufen der Gesetzgebung durchlaufen.

Wird mit dem Gesetz die Zuwanderung mittels Kontingenten und Inländervorrang gesteuert, ist der Bundesrat gezwungen, mit der EU über die Personenfreizügigkeit zu verhandeln. Das definitive Verhandlungsmandat will er im Januar verabschieden.

Büchse der Pandora

Die EU ihrerseits hat kein Mandat. Doch Brüssel dürfte sich auch gar nicht auf Verhandlungen einlassen, denn damit würde es die Büchse der Pandora öffnen: Auch innerhalb der EU gibt es Stimmen, die eine Beschränkungen der Zuwanderung fordern.

Doch obwohl Brüssel Verhandlungen mit der Schweiz ausschliesst, hat es im Juli dem Bundesrat geschrieben, man sei bereit, über praktische Probleme zu diskutieren.

Verordnungsguillotine

Die Schweiz ist also unter Druck. Denn gemäss den Übergangsbestimmungen zum Artikel 121a «Steuerung der Zuwanderung» der Bundesverfassung müssen bis zum 9. Februar 2017 die Ausführungsbestimmungen dazu in Kraft sein. Sonst muss dies der Bundesrat per Verordnung tun.

Als Folge davon würde entweder die Schweiz oder die EU das Personenfreizügigkeitsabkommen wohl kündigen. Die EU müsste dies aber einstimmig entscheiden. Ob ihr das gelingt, ist offen.

Bei einer Kündigung käme die «Guillotineklausel» zum Zug, und das Bilaterale-I-Paket von 2002 käme zu Fall. Was dann mit den Bilateralen II geschehen würde, ist offen. Sollten auch diese wegfallen, würde die Schweiz wieder auf das Niveau von 1973 sinken. Am 1. Januar 1973 trat das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und den sechs Ländern der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft EG in Kraft, aus der schliesslich die EU hervorging.

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