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Ehen von Minderjährigen Mehr Schutz für minderjährig Verheiratete in der Schweiz

  • Gerichte sollen neu Ehen bis zum 25. Lebensjahr einer minderjährig verheirateten Person für ungültig erklären können. Der Ständerat ist einstimmig für die Vorlage des Bundesrats.
  • Auch die generelle Nichtanerkennung von in- und ausländischen Heiraten mit Minderjährigen unter 16 Jahren stösst auf Zustimmung.
  • Alle Zwangsheiraten sollen künftig strafrechtlich geahndet werden, unabhängig davon, ob es zivile oder religiöse Heiraten sind. Die Vorlage wird mit 42 zu null einstimmig angenommen und geht an den Nationalrat.

Der Ständerat hat sich einstimmig für verbesserte Massnahmen gegen die Ehe von Minderjährigen ausgesprochen. So sollen Gerichte solche Ehen künftig auch nach dem 18. Lebensjahr bis zum Alter 25 für ungültig erklären.

Bedenken äusserte einzig Marianne Binder-Keller (Mitte/AG) zu den geplanten Ausnahmen, bei denen eine Minderjährigen-Ehe gültig bleiben soll. Nämlich wenn das Gericht zum Schluss kommt, dass die Weiterführung der Ehe dem überwiegenden Interesse der betroffenen Person entspricht.

Zweierlei Recht?

Hier werde zweierlei Recht geschaffen, denn eine solche Ehe würde zwischen Schweizerinnen und Schweizerin nie geduldet, sagt Binder. Heiraten ist in der Schweiz mit Vollendung des 18. Lebensjahrs erlaubt. Da werde ein Schlupfloch geschaffen.

«Das ist ein Umstand, den wir nicht ändern können und wollen», entgegnete Kommissionssprecher Daniel Jositsch (SP/ZH). Denn schweizerisches Recht gelte nur in der Schweiz, und mit ausländischem Recht müsse die Schweiz umgehen können.

Es macht keinen Sinn, das in der Schweiz zu verbieten, wenn sie drei Monate später erneut heiraten.
Autor: Daniel Jositsch Ständerat, SP/ZH

Als Beispiel nannte Rechtsprofessor Jositsch die sogenannten «Sommerferienheiraten» und betonte, dass in gewissen europäischen Ländern 17-Jährige gemäss dem Recht ihres Landes heiraten dürfen. «Es macht keinen Sinn, das in der Schweiz zu verbieten, wenn sie drei Monate später erneut heiraten.» Binder stellte keinen Antrag, äusserte aber unter Verweis auf die Bedenken zahlreicher Hilfsorganisationen die Hoffnung, dass die Schwesterkommission diesen Aspekt nochmals prüft.

Kinderehen.
Legende: «Sommerferienheiraten»: Die Verheiratung von Jugendlichen aus der Schweiz während der Sommerferien im Heimatland bleibt ein heikles Problem. Imago/Sipa/Anthony Behar

Zusätzlich zu den vom Bundesrat beantragten Änderungen sprach sich der Ständerat auch für eine gesetzliche Änderung im Strafgesetzbuch bei den Zwangsheiraten aus. So sollen Zwangsheiraten neu strafrechtlich geahndet werden können, und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um zivile oder religiöse Zwangsheiraten handelt.

350 Verdachtsfälle zwischen 2013 und 2017

Erzwungene Ehen und Ehen mit Minderjährigen sind in den vergangenen Jahren vermehrt ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit gerückt. In der Schweiz zählten Behörden in einer Erhebung zwischen 2013 und 2017 insgesamt rund 350 Verdachtsfälle ungültiger Ehen wegen Zwang oder Minderjährigkeit.

Ja zur Ergänzung von Artikel 181 a im Strafgesetz

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Der Ständerat hat sich für die mögliche Bestrafung aller Zwangsheiraten –unabhängig ob zivil oder religiös – ausgesprochen und ist damit einem Antrag seiner Rechtskommission gefolgt.

Der geltende Artikel 181 a Stgb Zwangs­hei­rat, er­zwun­ge­ne ein­ge­tra­ge­ne Part­ner­schaft würde somit entsprechend ergänzt. Er lautet bisher wie folgt:

1 Wer je­man­den durch Ge­walt oder An­dro­hung ernst­li­cher Nach­tei­le oder durch an­de­re Be­schrän­kung sei­ner Hand­lungs­frei­heit nö­tigt, ei­ne Ehe ein­zu­ge­hen oder ei­ne Part­ner­schaft ein­tra­gen zu las­sen, wird mit Frei­heits­s­tra­fe bis zu fünf Jah­ren oder Geld­stra­fe be­straft.

2 Straf­bar ist auch, wer die Tat im Aus­land be­geht, sich in der Schweiz be­fin­det und nicht aus­ge­lie­fert wird. Ar­ti­kel 7 Ab­sät­ze 4 und 5 ist an­wend­bar.

SRF 4 News, 12.03.2024, 11:00 Uhr ; 

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