Zum Inhalt springen

Eidgenössisches Schützenfest Nazis, Krieg und Corona: Luzerns Schützenfeste trotzen den Krisen

In Luzern startet bald das Eidgenössische. Der Kanton weiss, wie man in Krisenzeiten ein Schützenfest organisiert.

Bereits der Name des diesjährigen Eidgenössischen Schützenfestes verrät: Das wird kein normales Fest. Auf allen Festivalpins, Münzen und anderen Souvenirs steht «Luzern 2020». Tatsächlich hätte das Eidgenössische bereits vor einem Jahr stattfinden sollen, wegen der Coronapandemie wurde es jedoch verschoben und komplett umorganisiert.

Ein dezentrales Schützenfest

Die 32’000 Schützinnen und Schützen werden nicht gemeinsam nach Luzern reisen, sondern an den Schiess-Ständen ihrer eigenen Vereine antreten – ein dezentrales Schützenfest soll es werden. Die Resultate werden dann nach Luzern übermittelt. «Die Vereine sind verantwortlich, dass niemand betrügt», sagt Ernst Bucher vom Organisationskomitee.

Festhütte des Eidgenössischen um 1901
Legende: So aufwändig sollte es nie mehr werden: Diese burgähnliche Konstruktion (links) errichtete der Kanton Luzern eigens für das Eidgenössische des Jahres 1901. Die pompöse Festhütte kam direkt neben dem Bahnhof zu stehen. ETH Bildarchiv

Ein Eidgenössisches ohne gemeinsamen Wettkampf – das hat es noch nie gegeben. Glücklicherweise sind solch aussergewöhnliche Grossanlässe bei den Luzerner Schützen gut aufgehoben. Es ist bereits das sechste Mal, dass der Kanton das Eidgenössische durchführt und der Blick zurück zeigt: In Luzern trotzte es bereits einigen Krisen.

Die Versöhnung nach dem Bürgerkrieg

Zum Beispiel 1853: In diesem Jahr kam dem Schützenfest eine Wichtigkeit bei wie sonst selten. Es war nicht nur dazu da, damit sich Schützen aus der ganzen Schweiz miteinander messen und betrinken konnten, sondern es sollte die damals arg gespaltene Schweiz einen. Der Sonderbundskrieg war gerade Mal sechs Jahre her und die Feindschaft zwischen den konservativen und liberalen Kantonen noch nicht abgeklungen.

Festgelände des Eidgenössischen um 1853
Legende: Eine Geste an die Unterlegenen: Im Jahr 1853 wurde das Eidgenössische Schützenfest zum ersten Mal nach dem Sonderbundskrieg wieder von einem konservativen Kanton organisiert. Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern

Die Stadt Luzern wurde mit der Austragung des Festes betraut. Zum ersten Mal nach der Gründung des Bundesstaates im Jahr 1848 fand das Eidgenössische also wieder auf konservativem Boden statt. Die Verfasser des damaligen Festführers waren sich dieser Symbolkraft bewusst: «Doch gedenken wir nicht mehr der Leiden, der Stürme, die dem prachtvollen Sommertag vorangingen; ein herrlicher Erfolg hat die grossen Anstrengungen gekrönt. Wir, ein freies starkes, einiges Volk!»

«Entschlossener Abwehrwille»

Das nächste Mal organisierten die Luzerner das Schützenfest im Jahr 1901, während relativ krisenfreien Zeiten. Für das darauffolgende Eidgenössische im Kanton kann man dasselbe nicht behaupten. Es fand im Jahr 1939 statt, wenige Monate vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Die Nachbarländer wetzten bereits die Messer.

Hjalmar Schacht
Legende: Den Nazi zu Besuch: 1939 fand in Luzern nach dem Eidgenössischen Schützenfest auch ein internationales Wettschiessen statt. Der deutsche Wirtschaftsminister Hjalmar Schacht (rechts) schaute vorbei. Sein Amt bekleidete er nur noch symbolisch, Hitler hatte ihn wegen Ungehorsams entlassen. Keystone

Entsprechend kämpferisch zeigte sich Nationalrat Ludwig Friedrich Meyer, der Präsident des Organisationskomitees im Vorfeld der Veranstaltung: «Wer unsere Grenze verletzt, kann dies nur als Meineidiger tun. Er wird auf den entschlossenen Abwehrwillen des gesamten Volkes stossen, denn Ehre, Freiheit und Heimat stehen uns höher als jedes irdische Gut.»

Nun, im Jahr 2021, sind die Luzerner bei ihrem Eidgenössischen mit einer dritten Krise konfrontiert. Anders als die vorangegangen hat sie dem Fest tatsächlich einen Strich durch die Rechnung gemacht. Es musste um ein Jahr verschoben werden und die Schützinnen und Schützen schiessen kilometerweit voneinander entfernt. «Wenigstens können wir den Wettkampf durchführen», sagt der Luzerner Regierungsrat Paul Winiker, diesjähriger OK-Präsident. Und: Der gesellige Teil des Festes soll nachgeholt werden. Die Preisverleihung und das gemeinsame Trinken findet im Herbst voraussichtlich vor Ort in Luzern statt.

Quelle

Box aufklappen Box zuklappen

Jürg Schmutz/Natalia Eschmann/Jürg Stüssi-Lauterburg/Hans Luginbühl, Eine Tradition kehrt zurück, Festschrift zum Eidgenössischen Schützenfest 2020

SRF 1, Regionaljournal Zentralschweiz, 04.06.2021, 17:30 Uhr

Meistgelesene Artikel