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Einblick in zwei Klassen Organisatorischer Hosenlupf: Schulstart der ukrainischen Kinder

Tausende von ukrainischen Kindern gehen in der Schweiz zur Schule. Ein einheitliches Modell gibt es nicht.

Zurück ins Klassenzimmer: In diesen Tagen und Wochen beginnt wieder die Schule. Der Schulstart verläuft aber vielerorts anders, als in anderen Jahren – aufgrund der vielen ukrainischen Kinder, die nun hier zur Schule gehen.

Ob die Kinder separat in eine sogenannte Willkommensklasse kommen, oder ob sie in den Regelunterricht integriert werden, ist je nach Ortschaft anders. Wir stellen zwei Beispiele vor.

Burgdorf: ukrainische Kinder unter sich

Nirgends im Kanton Bern gehen so viele ukrainische Kinder zur Schule wie in Burgdorf. 122 Kinder sind es insgesamt. Für sie wurde während den Sommerferien eine eigene Schule auf die Beine gestellt, sodass sie in elf Willkommensklassen – strukturiert nach Alter – separat unterrichtet werden. 14 Lehrpersonen aus der Schweiz, sowie 17 aus der Ukraine teilen sich die Lektionen.

Unterricht
Legende: Die Kinder sind nach Alter in elf Schulklassen eingeteilt. SRF

«Ich will unser Modell nicht als das beste Modell verkaufen», sagt Heinz Begré, Schulleiter der Willkommensklassen. Er sieht durchaus auch Schwächen: «Dadurch, dass die Kinder separat unterrichtet werden, lernen sie nicht so gut Deutsch, wie sie es sonst tun würden. Und weil sie nur teilweise auf Ukrainisch unterrichtet werden, lernen sie auch nicht so gut Ukrainisch, wie wenn sie ausschliesslich Fernunterricht hätten.»

Ein klassischer Kompromiss. Aber anders wäre es in Burgdorf nicht möglich – es sind zu viele ukrainische Kinder, als dass man sie in den Regelunterricht integrieren könnte. Jedenfalls im Moment.

Biel: Alle fremdsprachigen zusammen, egal woher

Die Kinder in der Bieler Klasse haben eines gemeinsam: Sie können kaum Deutsch. Allerdings stammen sie nicht nur aus der Ukraine, sondern auch aus Panama oder Eritrea. Viele haben eine Flucht hinter sich. Für die Lehrerin Josefina Lehmann heisst das: Sie jongliert mit Deutsch, Französisch, Englisch oder auch mal Spanisch.

Biel ging zuerst den gleichen Weg wie Burgdorf, hat nun aber das Modell gewechselt und mischt die Kinder über Kultur- und Sprachgrenzen hinaus.

Weltkarte.
Legende: Aus der ganzen Welt kommen sie, die Kinder, die in Biel in die Empfangsklasse gehen. SRF

Lehrerin Josefina Lehmann sieht einen entscheidenden Vorteil darin, die ukrainischen Kinder nicht separat zu unterrichten: «Diese Kinder sind ziemlich durcheinander, sie haben viel erlebt.» Für den guten Start in der Schweiz sei es deshalb hilfreich, dass sich die Kinder über die Sprachgrenzen hinweg anfreunden und nicht abschotten und sich in der Welt des Krieges verlieren.

Eine Patentlösung gibt es nicht

Insgesamt gehen im Kanton Bern über 1000 Kinder aus der Ukraine zur Schule, die meisten in Willkommensklassen, wie in Burgdorf. «Für die Gemeinden und Schulen war das ein grosser Kraftakt», erklärt Yves Brechbühler, Sprecher der kantonalen Bildungsdirektion. «Wir haben rund 200 zusätzliche Lehrpersonen gesucht und gefunden.» Mittlerweile sei das System etabliert.

Bis jetzt lief die Integration aus Sicht des Kantons gut.
Autor: Yves Brechbühler Sprecher kantonale Bildungsdirektion

Die Zukunft sei aber schwierig abzuschätzen. Bewilligt sind die Klassen bis im Januar 2023. Im Herbst werde der Kanton Bern eine Standortbestimmung durchführen und entscheiden, ob die Klassen weiter bewilligt werden – abhängig natürlich auch vom Verlauf des Krieges in der Ukraine.

Schweiz aktuell, 19.08.22 / Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 22.08.222 ; 

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