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Einsätze mit Todesfolge So selten greifen Schweizer Polizisten zur Schusswaffe

In der Schweiz kommen Waffen bei Polizeieinsätzen nur sehr selten zum Einsatz – und noch seltener sind Schüsse mit Todesfolge. Es gibt nur wenige Fälle, bei denen der Waffeneinsatz der Polizei zu Verletzungen oder Toten geführt hat: Da ist der Fall in Brissago im Tessin von 2017. Ein Polizist schoss auf einen mit zwei Messern bewaffneten Asylsuchenden. Dem Einsatz war ein Streit vorausgegangen. Der Asylsuchende starb in der Folge.

Oder da sind die dreizehn Schüsse, die 2016 im Zürcherischen Ossingen gefallen sind, um einen mutmasslichen Einbrecher zu stoppen. Der Mann wurde verletzt. Andere Fälle betreffen Schüsse, mit denen zum Beispiel ein Flüchtiger gestoppt wurde.

Und nun der neuste tragische Fall in St. Gallen: Ein Mann attackierte in einer Wohnung eine Frau, die später an ihren schweren Verletzungen starb. Bei der Polizeiintervention kam es zum Schusswaffeneinsatz durch die Stadtpolizei, worauf der mutmassliche Täter noch am Tatort starb.

Wann darf ein Polizist schiessen?

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Der Schusswaffengebrauch ist in den Polizeigesetzen der jeweiligen Kantone geregelt. Der Inhalt ist aber meist ähnlich.

Polizisten können von der Schusswaffe Gebrauch machen,

  • wenn sie selbst oder andere bedroht oder angegriffen werden (Notwehr)
  • wenn ein Verbrecher fliehen will
  • zur Befreiung von Geiseln
  • zur Verhinderung eines Verbrechens an Einrichtungen, die der Allgemeinheit dienen.

Generell greifen Polizisten aber äusserst selten zur Waffe. Das zeigt die Statistik der letzten Jahre.

Die Schweiz habe, verglichen mit anderen Ländern, sehr selten Waffeneinsätze, bestätigt Markus Mohler, der ehemalige Polizeikommandant von Basel-Stadt. Und Tote gebe es fast nie: «Wir sind in der glücklichen Situation, dass hierzulande Tote durch Schusswaffen der Polizei extrem selten sind.»

Polizisten seien grundsätzlich zurückhaltend, weil jeder Schusswaffeneinsatz von der Staatsanwaltschaft untersucht wird, so Mohler: «Die Polizei ist verpflichtet, Schusswaffeneinsätze zu melden.» Das habe eine gewisse Zurückhaltung zur Folge.

Weniger Pistole, mehr Taser

Auffällig ist, dass die Zahl der Einsätze seit 2010 stark gesunken ist. Das könne mehrere Gründe haben, so Mohler: «Die Ausbildung der Polizistinnen und Polizisten hat sich verändert. Heute wird viel mehr Gewicht auf Themen wie Ethik, Recht und Grundrechte gelegt.»

Die Konferenz der Kantonalen Polizeikommandanten KKPKS argumentiert mit der Ausbildung. Polizistinnen und Polizisten seien im Umgang mit Konfliktsituationen ausgebildet. Zudem stünden zahlreiche mildere Einsatzmittel zur Verfügung.

Zum Beispiel der Taser. Der Gebrauch dieser Elektroschock-Pistolen in den letzten Jahren stark gestiegen.

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Dieser Artikel erschien bereits 2019 und wurde überarbeitet.

Regi SG, 3.9.20; 8:30 Uhr

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