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Eklat um Ministerbesuch Eritrea brüskiert die Schweiz

  • Bundesrat Ignazio Cassis (FDP) hat Osman Saleh letzten Herbst in die Schweiz eingeladen. Bis heute gibt es keinen Termin für diesen Besuch.
  • Doch wie Recherchen der SRF «Rundschau» zeigen, war Eritreas Aussenminister diesen Sommer in der Schweiz.
  • Die eritreische Seite informierte Cassis kurz vorher und schlug ein Treffen vor. Bundesrat Cassis war offenbar in den Ferien.
  • Schweizer Asylpolitiker reagieren verärgert. Das brisante Asyldossier bleibt blockiert.

Seit letztem Herbst versucht Aussenminister Ignazio Cassis seinen Amtskollegen Osman Saleh in die Schweiz einzuladen. Bisher erfolglos. Bis heute gibt es keinen Termin für diesen offiziellen Besuch, wie das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bestätigt.

Was nun erstaunt: Der eritreische Aussenminister war diesen Sommer in der Schweiz. Wie Recherchen der «Rundschau» zeigen, hatte der hohe Vertreter des umstrittenen eritreischen Regimes vor genau einem Monat einen grossen Auftritt in der Markthalle Burgdorf im Kanton Bern. Dort liess er sich von regimetreuen Landsleuten feiern. Schweizer Behörden traf er während seiner Reise nicht.

Kurzfristig einen Termin angeboten

Wie das EDA gegenüber SRF schriftlich erklärt, war der Bund kurz vor Salehs Auftritt informiert worden: «Am 9. Juli hat die ständige Mission Eritreas in Genf das EDA informiert, dass der eritreische Aussenminister vom 16. bis 22. Juli in der Schweiz weile.» Die eritreische Seite habe dabei ein Treffen mit Bundesrat Cassis ersucht. Diesen kurzfristen Termin habe Cassis aber aus «Agendagründen» nicht wahrnehmen können. Gemäss Recherchen von SRF war Cassis in den Ferien.

Empörte Aussen- und Asylpolitiker

Der kurzfristige Besuch mitten in den Sommerferien sorgt bei Schweizer Parlamentariern für Empörung: «Das ist sehr befremdlich. Meines Wissens hat Bundesrat Ignazio Cassis schon dreimal versucht, ihn in die Schweiz einzuladen. Aber das hat nie geklappt», so FDP-Ständerat und Aussenpolitiker Damian Müller. Solche Besuche seien rechtzeitig anzumelden.

«Das ist natürlich ein Affront gegen die Schweiz. Das ist völlig klar», reagiert auch SP-Nationalrat Cédric Wermuth verärgert. «Die Schweiz hat eine offizielle Einladung ausgesprochen. Die wird nicht beantwortet und dann kommt Saleh für einen Propaganda-Auftritt seiner Diktatur in die Schweiz.» Das gehe gar nicht, so Wermuth.

Verärgerte eritreische Opposition

Der Auftritt von Osman Saleh ist ein PR-Coup der regimetreuen Eritreer in der Schweiz. Doch die Mehrheit der Flüchtlinge fürchtet das Regime und ist vor der Diktatur in ihrer Heimat geflüchtet. Für die diese Gruppe ist der Auftritt in Burgdorf ebenfalls ein Affront.

«Wir verurteilen aufs Schärfste, dass das Regime in der Schweiz dubiose Propaganda-Auftritte unbehelligt durchführen kann», so Okbaab Tesfamariam, Mediensprecher vom Eritreischen Medienbund Schweiz. «Der Auftritt beweist, dass man so einem Regime nicht trauen kann», so Tesfamariam weiter. Mit so einer Diktatur dürften keine Rückführungsabkommen abgeschlossen werden, so der regimekritische eritreische Aktivist.

Total blockiertes Asyldossier

Aus keinem anderen Land sind in den letzten Jahren so viele Asylbewerber in die Schweiz gelangt, wie aus Eritrea. Der Bund möchte mit dem ostafrikanischen Land über die Rückführung von abgewiesenen Asylbewerbern verhandeln. Doch mittlerweile glauben auch Vertreter der SVP nicht mehr an ein Rückführungsabkommen: «Dieses Regime tanzt uns auf der Nase herum», so SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann. Realistischerweise sei es wohl «kaum möglich», mit diesem Regime einen solchen Vertrag auszuhandeln.

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