Der Aufschrei im August war gross. Von einem «Bankenbeben im Aargau» wurde geschrieben. Die Neue Aargauer Bank (NAB) mit ihren rund 200'000 Kundinnen und Kunden, die grösste Regionalbank der Schweiz, wurde komplett in die Credit Suisse integriert. Die Mutterfirma hat ihre Tochter geschluckt.
Am Hauptsitz der ehemaligen NAB in Aarau ist inzwischen wieder Normalität eingekehrt. Kundinnen und Kunden wechseln Geld am Schalter. Die Logos der Neuen Aargauer Bank aber sind weg – überall steht nun Credit Suisse. 18 von 30 Filialen wurden oder werden geschlossen. Rund ein Drittel der rund 600 Stellen von NAB und CS verschwinden.
Bis zu 6'000 Kunden abgewandert
«Das war ein mutiger, aber ehrlicher Entscheid», sagt Roberto Belci. Der Leiter Aargau der Credit Suisse hatte zuvor über 20 Jahre lang für die Aargauer Regionalbank NAB gearbeitet.
Die Credit Suisse ist im Aargau nicht einfach eine Grossbank.
Doch Belci und seine Bank haben seit der Ankündigung im August zwischen 5'000 und 6'000 Kundinnen und Kunden verloren. «Der Namenswechsel gefällt nicht allen. Es braucht Zeit, bis die Kunden merken, dass die CS im Aargau nicht einfach eine Grossbank ist, sondern sich um jeden einzelnen Kunden kümmert», sagt Belci. Kleinsparer seien «das Rückgrat jeder Bank».
Viele dieser Kleinsparer sind zur Konkurrenz abgewandert. In Aarau zum Beispiel direkt auf die andere Seite Bahnhofstrasse. Dort liegt der Hauptsitz der Aargauischen Kantonalbank. In den letzten Wochen verzeichnete diese rund doppelt so viele Neukunden wie sonst. Direktionspräsident Dieter Widmer freut sich über zusätzliche Kundschaft: «Die Spielregeln werden gerade etwas neu definiert.»
Neue Konkurrenz im Filialgeschäft
Im Süden des Kantons, im Freiamt, will die Berner Valiant-Gruppe eine neue Filiale eröffnen – mit Kaderpersonal der ehemaligen NAB. Im Nordwesten, im Fricktal, hat die Baselbieter Kantonalbank die Eröffnung von zwei neuen Filialen angekündigt – ebenfalls mit ehemaligem NAB-Personal. Das erstaunt insofern, als dass in den letzten Jahren immer mehr Bankfilialen ihre Türen geschlossen haben.
Der Bankenplatz Aargau sei schon immer ein besonders umkämpfter Platz gewesen, sagt Dieter Widmer von der Aargauischen Kantonalbank. Gut möglich, dass es nun noch etwas härter werde: «Primär geht es jetzt um NAB-Kunden, die abgeworben werden. Aber das wird sich auf den ganzen Markt auswirken.»
Das Bedürfnis nach einem persönlichen Ansprechpartner nimmt wieder zu.
Auch bei der Hypothekarbank Lenzburg spürt man das Verschwinden der Marke NAB – und das ausgedünnte Filialnetz. «Das Bedürfnis nach einer unabhängigen, regionalen Bank mit einem persönlichen Ansprechpartner nimmt aktuell wieder zu», glaubt Roger Brechbühler von der Hypi-Geschäftsleitung. Die Hypothekarbank und auch die Kantonalbank wollen deshalb ihr Filialnetz nicht mehr weiter reduzieren.
«Wenn Sie ein Haus kaufen, die persönliche Vorsorge planen, Geld anlegen wollen, dann möchten in der Regel Menschen mit Menschen sprechen. Dann ist es ein Vorteil, wenn man als Bank persönlich vor Ort ist», so Brechbühler. In diesem Geschäft sehen die Aargauer Regionalbanken nun ihre Chance im Kampf gegen die grossen, internationalen Banken. Wie es halt auch die Credit Suisse aus Sicht vieler Menschen eine ist.