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Simonetta Sommaruga im Interview zur drohenden Energiekrise
Aus Tagesschau am Vorabend vom 29.06.2022.
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Energieknappheit Frau Sommaruga, müssen wir bald mit einem Energie-Alarm rechnen?

Der Krieg in der Ukraine hat die Lage auf dem Energie-Markt in ganz Europa verschärft. Noch vor drei Monaten sagte der Bundesrat, die Schweiz sollte auch im Winter genügend Gas zur Verfügung haben – heute nun klingt es anders. Mit eindringlichen Worten fordert der Bundesrat die Unternehmen auf, sich auf eine mögliche Mangellage bei Gas und Strom vorzubereiten. Energieministerin Simonetta Sommaruga nimmt zur drohende Krise Stellung.

Simonetta Sommaruga

Simonetta Sommaruga

Alt-Bundesrätin

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Simonetta Sommaruga wurde 1960 geboren. In Luzern liess sie sich zur Pianistin ausbilden. Ihre Konzerttätigkeit und pädagogische Arbeit führte Sommaruga am Konservatorium in Freiburg weiter. Ab 1993 war sie Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz, von 2000 bis 2010 deren Präsidentin. Sommaruga war zwischen 1997 und 2005 Gemeinderätin in Köniz und von 1999 bis 2003 Nationalrätin. Von 2003 bis 2010 vertrat die SP-Politikerin den Kanton Bern im Ständerat. Sie war von November 2010 bis Ende Dezember 2022 Bundesrätin. Bis 2018 leitete Sommaruga das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD). Anschliessend war sie Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK).

SRF News: Adolf Ogi hat der Schweiz beigebracht, wie man energiesparend Eier kocht. Die «Ogi-Methode» ist bis heute legendär. Was wird die «Sommaruga-Methode» sein?

Ich glaube, es sind Tipps, die eigentlich allen bekannt sind: duschen statt ein Vollbad zu nehmen, die Geschirrspülmaschine ganz füllen, bevor man sie anlässt, eher die Wäsche draussen trocknen statt im Tumbler oder bei einem Gerät im Standby-Modus lieber den Stecker ausziehen, als den Strom laufen lassen. Es gibt nicht eine einzige Methode.

Sie haben heute an der Medienkonferenz gesagt: Es geht ums Ganze – alle müssen zusammenarbeiten. Steht es wirklich so schlecht um die Schweizer Energieversorgung?

Wir haben einen Krieg in Europa. Wir sehen, dass Russland jetzt zum Teil die Gasexporte gedrosselt hat. Das heisst, ganz Europa ist in einer Energiekrise. Die Schweiz ist keine Insel, wir sind ein Teil davon. Wir haben in den letzten sechs Monaten intensiv Vorbereitungsarbeiten gemacht. Zusammen mit dem Wirtschaftsdepartement, mit den Kantonen, mit den Wirtschaftsbranchen, mit der Elcom (Anm. d. Red: Elektrizitäts-Regulierungsbehörde).

Wir können eine Mangellage in der Zukunft nicht ganz ausschliessen. Und darum ist es wichtig, dies der Bevölkerung und der Wirtschaft ehrlich zu sagen

Wir haben Reserven angelegt bei der Wasserkraft, fürs Gas und Liquidität garantiert für die Stromunternehmen, dass sie nicht auch noch Konkurs gehen in dieser Situation. Aber wir müssen heute sagen: Wir können eine Mangellage in der Zukunft nicht ganz ausschliessen. Und darum ist es wichtig, dies der Bevölkerung und der Wirtschaft ehrlich zu sagen.

Bis vor wenigen Wochen hatten sie noch gesagt, es sehe eher nicht nach einer Mangellage aus. Jetzt tönt es ganz anders. Müssen wir damit rechnen, dass dann nach den Sommerferien der grosse Alarm kommt?

In den letzten Wochen hat sich die Situation verschärft. Weil Russland jetzt auch zum Teil gegenüber Deutschland – und das ist für die Schweizer Gasversorgung sehr ein wichtiges Land – die Schraube nochmals angezogen hat. Wir müssen uns einfach bewusst sein: Wir sind beim Gas und beim Öl zu hundert Prozent abhängig vom Ausland.

Jeder Haushalt, der jetzt auf eine erneuerbare Energie umsteigen kann, besitzt auch ein Stück Unabhängigkeit.

Genau, wir sind stark abhängig vom Ausland. Die SVP sagt, das sei Ihre Schuld…

Ja gut, da weiss ich nicht, wie sie auf eine solche Idee kommen. Der Bundesrat hat in den letzten Jahren vieles gemacht. Jeder Haushalt, der jetzt auf eine erneuerbare Energie umsteigen kann, besitzt auch ein Stück Unabhängigkeit. Und darum unterstützt der Bundesrat intensiv auch Haushalte, die aus dem Gas oder Öl aussteigen wollen. Weil diese starke Auslandsabhängigkeit, das spüren jetzt alle, die ist unangenehm.

Aber wer ist denn verantwortlich dafür, dass jetzt noch eine so grosse Abhängigkeit besteht. Ist es ihre Vorgängerin Doris Leuthard?

Nein. Schauen Sie, wir haben uns sicher in den letzten zehn Jahren politisch beim Strom zu fest darauf verlassen: Wenn man nicht genug Strom hat, dann importiert man halt. Was man immer wusste – vielleicht wollten es einzelne nicht wahrhaben, mir war das immer klar – beim Gas und Öl sind wir zu hundert Prozent abhängig. Und wir können es nicht einmal bei uns speichern. Und darum haben wir mit dem CO2-Gesetz gesagt: Man muss die Bevölkerung unterstützen, dass sie möglichst auf erneuerbare Energien und einheimische Energien umsteigen kann. Das ist jetzt schon ein Jahr im Parlament. Aber ich bin sicher, alle wollen jetzt, dass es vorwärtsgeht.

Beim Gas und Öl sind wir zu hundert Prozent vom Ausland abhängig. Und wir können es nicht einmal bei uns speichern.

Das ist ein langfristiger Ansatz, gleichzeitig gibt es jetzt Forderungen nach einem kurzfristigen Appell, dass man jetzt Strom und vor allem Gas spart. Die kommen auch aus ihrer Partei, der SP. Wieso geht der Bundesrat noch nicht so weit – warum macht er diesen Appell noch nicht?

In der Schweiz brauchen wir den allergrössten Teil des Gases im Winter. Und darum wäre es etwas komisch, jetzt den Leuten mitten im Sommer zu sagen: Heizen sie nicht so fest mit Gas. Aber es ist klar, wir machen jetzt eine Sensibilisierungskampagne. Mit Tipps, wo man sparen kann. Man kann ja auch Geld sparen beim Strom und Gas.

Das Gespräch führte Larissa Rhyn.

Tagesschau, 26.6.2022, 18 Uhr. ;

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