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Energiepreis Watt d’Or Lugaggia: Hier hat die Energie-Zukunft bereits begonnen

Das Tessiner Dorf versorgt sich zu einem grossen Teil mit eigenem Solarstrom – dank Speicherbatterien.

Unter den Gewinnern der Auszeichnung Watt d'Or für innovative Zukunftsprojekte ist die Tessiner Gemeinde Lugaggia. Das Herzstück des Solarprojekts im pittoresken 900-Seelen-Dörfchen ist ein Kindergarten – beziehungsweise dessen Dach. Darauf befindet sich eine grosse Fotovoltaikanlage.

ZEV – Zusammenschluss für den Eigengebrauch

«Wir haben zusätzlich noch weitere Fotovoltaikanlagen auf den Dächern von 18 Einfamilienhäusern», sagt Daniele Farrace nicht ohne Stolz.

Er hat beim kleinen Tessiner Energie-Versorgungsunternehmen AEM das Siegerprojekt bei der Energieauszeichnung Watt d'Or mit vorangetrieben. Alle diese Solardächer tragen zur Stromproduktion für das Dorf bei.

Zwei Männer auf einem Dach.
Legende: Daniele Farrace (links) und Vasco Medici, Leiter Sektion Energiesysteme Supsi auf dem Dach des Kindergartens in Lugaggia. BFE

Manche Einfamilienhausbesitzer waren einfach dafür zu begeistern, sich an diesem ZEV – einem Zusammenschluss für den Eigenverbrauch – zu beteiligen. «Andere nicht. Wie das halt so ist», schmunzelt der Wissenschaftler.

Die Hausbesitzer mussten geschult, die Häuser durch Leitungen miteinander verbunden werden. Das sei viel Aufwand gewesen, sagt Farrace.

Grosse Batterie speichert den Solarstrom

Das Hirn der Anlage liegt gut behütet hinter einer Tür im Keller des Kindergartens. Dort befindet sich in einem kleinen Raum eine grosse Batterie, die sogenannte Quartierbatterie. Daneben befindet sich das mit viel künstlicher Intelligenz ausgestattete Steuerungssystem.

Farrace neben Batteriemodulen.
Legende: Daniele Farrace neben den Modulen der grossen Quartierbatterie im Keller des Kindergartengebäudes von Lugaggia. SRF/Karoline Thürkauf

Weil der Stromverbrauch der Haushalte mit sogenannten Smartmetern erfasst wird und mit den aktuellen Wetterdaten abgeglichen wird, kann dieses Steuerungssystems vorhersagen, wann wer wie viel Strom verbraucht.

Dadurch könne die vor Ort gesammelte Sonnenenergie optimal verteilt, beziehungsweise genutzt werden, so Farrace.

Fast aller Solarstrom wird jetzt selbst gebraucht

«Unser Ziel war es, zu zeigen, dass man mit einer solchen Quartierbatterie den Eigenverbrauch der vor Ort gesammelten Energie massiv erhöhen kann», sagt er.

Denn während die beteiligten Haushalte früher nur 30 Prozent ihres selbst produzierten Stroms tatsächlich auch selbst verbrauchten, ist der Eigenverbrauch nun auf 94 Prozent gestiegen.

Die Gemeinschaft muss damit weniger Strom aus dem öffentlichen Netz beziehen. Damit wird der Strom für sie im Durchschnitt rund drei Rappen pro Kilowattstunde günstiger. Für das Energieunternehmen AEM dagegen rechnet sich das Projekt wegen des grossen Aufwands nicht.

Hohe rechtliche Hürden und teuer

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Solardach in Lugaggia.
Legende: BFE

Speziell am Solarprojekt in Lugaggia sei die intelligente Verteilung des Stroms, sagt SRF-Wirtschaftsredaktorin Anita Vonmont. «So kann deutlich mehr eigener Sonnenstrom selbst verbraucht werden.» Derzeit gebe es in der Schweiz rund 12'000 ZEV – Zusammenschlüsse für den Eigenverbrauch. Meist handle es sich um Mehrfamilienhäuser mit Solarpanels auf dem Dach, in denen die Mieterinnen und Mieter einen Teil des Solarstroms dann verbrauchen. Doch ZEV über mehrere Häuser hinweg, wie in Lugaggia, sei noch selten, weil der Aufwand dafür hoch sei. Für die Zukunft sieht Vonmont aber durchaus ein Potenzial in solchen ZEV, die auch ganze Quartiere oder Dörfer versorgen können. Doch: «Damit diese Modelle eine Zukunft haben, müssen die rechtlichen Hürden abgebaut werden.» In der Politik werde derzeit immerhin über den Abbau dieser Hürden diskutiert, so Vonmont.

Zukunftsweisendes Projekt

Doch Farrace ist sicher, dass sich das in Zukunft ändern wird. Denn mit dem Projekt in Lugaggia sei viel Wissen gesammelt worden, wie die Sonnenenergie von Einfamilienhäusern gebändigt werden kann: «Wenn viel mehr Sonnenenergie dezentral eingefangen wird und vor Ort mithilfe einer Quartierbatterie zwischengespeichert und örtlich verteilt wird, entlastet dies das bestehende Stromnetz massiv.»

Das bestehende Stromnetz wird massiv entlastet.
Autor: Daniele Farrace Ingenieur bei AEM und Projektverantwortlicher

Die Leitungen würden weniger beansprucht, der Aufwand für Unterhalts- und Sanierungsarbeiten für die Energieunternehmen an den Leitungen würden kleiner und damit weniger teuer. Doch: «Uns ist aber klar, dass das noch Zukunftsmusik ist», betont Farrace.

Dass diese Zukunftsmusik gerade aus der Schweizer Sonnenstube kommt, macht doppelt Sinn: Der Anteil an Einfamilienhäusern ist hier nämlich vergleichsweise hoch, ZEV sind sinnvoll. Zudem wurde hier das Potenzial der Sonnenenergie im schweizerischen Schnitt bisher erstaunlich wenig ausgeschöpft.

Rendez-vous, 12.1.2023, 12:30 Uhr

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