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Energiequelle See Der Bodensee soll Häuser heizen und kühlen

Seethermie liefert umweltfreundliche Energie. Im Kanton Thurgau will man nun fünf Kraftwerke realisieren.

Wer an einem See wohnt, hat im Prinzip eine riesige Heizung und Klimaanlage direkt vor der Haustür. Seethermie, also das Gewinnen von Energie aus Seewasser, hat grosses Potenzial. Das zeigen Studien des Wasserforschungsinstitutes der ETH (Eawag).

Genutzt wird dieses Potenzial aber noch zu wenig – auch im Kanton Thurgau am Bodensee. Eine Studie des Kantons zeigt auf, dass durch die Nutzung von Seewärme rund 10 Prozent der Energie ersetzt werden könnte, die heute aus Erdgas oder Öl gewonnen wird. Das haben auch die Thurgauer Elektrizitätswerke EKT erkannt und ein entsprechendes Projekt lanciert. An fünf verschiedenen Orten am See sollen Kraftwerke entstehen, um Energie aus Seewasser zu gewinnen.

Klimaschonend, aber teuer

Das Problem: Seethermie erfreut sicherlich das Klima, aber nicht so sehr das Portemonnaie. Um rund 250 Haushalte mit Seewärme zu beheizen oder zu kühlen, braucht es Investitionen im mittleren einstelligen Millionenbereich. Für Martin Simioni, Geschäftsführer der EKT AG, ist klar, dass auch die Gemeinden mitziehen müssen: «Die EKT kann hier nicht alleine vorpreschen.» Die Thurgauer Regierung hat deshalb an die Gemeinden appelliert, Projekte auf die Beine zu stellen und vor allem die Finanzierung zu sichern.

Ein einsames Segelschiff fährt auf dem Bodensee
Legende: Quelle für Freizeit und Erholung, aber auch für Energie: Der Bodensee. Keystone

Die Region Kreuzlingen will nun vorwärtsmachen. Alle 14 Gemeinden der «Regio Kreuzlingen» haben gemeinsam beschlossen, das Projekt der EKT zu unterstützen.

Versorgungssicherheit sei angesichts der steigenden Energiepreise und der Abhängigkeit von Stromimporten vor allem im Winter keine Selbstverständlichkeit mehr. «Die Schweiz ist deshalb gefordert, neue Winterenergiequellen zu erschliessen», schreibt die «Regio Kreuzlingen» in einer Mitteilung.

René Walther steht am Ufer des Bodensees und schaut aufs Wasser
Legende: Blickt er auf die Energie der Zukunft? «Regio-Kreuzlingen»-Präsident René Walther am Ufer des Bodensees. Tobias Garcia

Um loslegen zu können, brauche es jetzt möglichst schnell möglichst viel Geld, sagt René Walther, Präsident der «Regio Kreuzlingen». Die Gemeinden, aber vor allem auch die EKT, hoffen diesbezüglich auf die Thurgauer Kantonalbank. Sie hat durch einen Börsengang viel Gewinn gemacht, 127 Millionen Franken davon sollen an verschiedene Projekte im Kanton gehen. 60 Projekte haben sich beworben, das Projekt «Seethermie Thurgau» ist eines davon. Wird es vom Grossen Rat, also vom Thurgauer Kantonsparlament, ausgewählt, erhält es 25 Millionen Franken.

Seewärme ist in der ganzen Schweiz ein Thema

Nur von diesem Startkapital will man das Projekt aber nicht abhängig machen. EKT-Geschäftsführer Martin Simioni: «Die EKT wird das Projekt mit ihren Partnern weiter vertiefen, auch wenn die Millionen der Kantonalbank nicht kommen. Aber das wird dann in einem viel kleineren Umfang geschehen, als mit den Millionen.» Die Rechnung sei schliesslich relativ einfach: Je mehr Geld man investiere, desto mehr Energie könne man aus dem Seewasser gewinnen.

So funktioniert Seethermie

Box aufklappen Box zuklappen

Das Seewasser wird mit Pumpen aus etwa 20 bis 40 Metern Tiefe ans Ufer gepumpt. In dieser Tiefe ist das Wasser etwa 4 bis 10 Grad warm. Über einen sogenannten Wärmetauscher gelangt die Wärmeenergie in einen separaten Kreislauf. Das Seewasser wird nach dem Durchlaufen des Kreislaufes sauber und unversehrt wieder zurück in den See geleitet.

Der Kanton Thurgau ist nicht der einzige Kanton, der sich mit dem Potenzial von Seethermie befasst. In der ganzen Schweiz gibt es entsprechende Projekte, etwa am Wohlensee bei Bern, am Zürichsee, am Zugersee oder am Genfersee. Das landesweit wohl grösste Seethermie-Projekt entsteht aber derzeit am Vierwaldstättersee.

Dort bedient der Energieversorger «Energie Wasser Luzern» bereits heute mehrere Gebäude mit Seewärme. Ab den Jahren 2022/2023 sollen insgesamt 6800 Haushalte aus den Luzerner Vorortgemeinden Horw und Kriens dazukommen.

Regionaljournal Ostschweiz, 21.12.2021, 17:30 Uhr ; 

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