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Entscheid des Bundesgerichts Im Zweifel für den gut Integrierten

  • Ein Argentinier, der seit zehn Jahren in der Schweiz lebt, darf in der Schweiz bleiben. Das hat das Bundesgericht entschieden.
  • Das ist unüblich, denn normalerweise erhalten Personen, die aus einem Drittstaat kommen, kein Aufenthaltsrecht in der Schweiz.
  • Es sei im wirtschaftlichen Interesse des Landes, gut integrierte Personen hier zu behalten, lautet die Begründung der Bundesrichter.

Im konkreten Fall geht es um einen heute 41-jährigen Argentinier. Dieser heiratete 2004 eine Deutsche und zog später zu ihr in die Schweiz. Er erhielt eine Aufenthaltsbewilligung für die Schweiz. Doch 2008 trennte sich das Paar. In der Folge widerrief das Zürcher Migrationsamt die Aufenthaltsbewilligung.

Kanton Zürich wies Beschwerde ab

Später hatte der Argentinier eine neue Freundin, eine Schweizerin. Er ersuchte um eine neue Bewilligung, damit er bei ihr bleiben könne. Doch auch diese Beziehung hielt nicht. Und so verlängerte das Migrationsamt die Bewilligung nicht mehr. Weil er die Schweiz nicht verlassen wollte, reichte der Argentinier Beschwerde ein.

Dabei berief er sich auf die Europäische Menschenrechtskonvention. Diese sieht die «Achtung des Privatlebens» vor. Das heisst, dass jemand selber über sein Privat- und Familienleben bestimmen kann. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde jedoch ab. Weil sowohl seine Ehe mit einer EU-Bürgerin wie auch seine Konkubinatsbeziehung mit einer Schweizerin beendet seien, habe der Argentinier kein Recht auf Aufenthalt mehr.

Nicht im Interesse der Wirtschaft

Doch diesen Entscheid korrigiert nun das Bundesgericht. Die Richter in Lausanne entschieden, dass die Aufenthaltsbewilligung des Argentiniers verlängert werden soll. Interessant ist die Begründung: Zwar habe die Schweiz ein legitimes Interesse, die Einwanderung zu steuern. Doch bei Personen, die bereits rund zehn Jahre in der Schweiz lebten und sehr gut integriert seien, genüge dies alleine nicht für die Ausweisung.

Denn im Gegenzug bestehe auch ein öffentliches Interesse daran, dass Schweizer Firmen nicht auf bestens qualifizierte, gut eingearbeitete Angestellte verzichten müssten, heisst es im Urteil.

Erst wenige ähnliche Fälle beurteilt

Auch weil der Mann nie straffällig wurde und nie Sozialhilfe bezog, kommen die Richter in Lausanne zum Schluss: Bei guter Integration und bei zehn Jahren in der Schweiz fehle es an einem triftigen Grund, dem Argentinier das Aufenthaltsrecht zu entziehen. Das Bundesgericht hat also die restriktive Einwanderungspolitik gegenüber den wirtschaftlichen Gesamtinteressen der Schweiz abgewogen.

Bisher hatten die Lausanner Richter erst wenige ähnliche Fälle gutgeheissen. Mit diesem Urteil setzen sie die Hürde für den Entzug des Aufenthaltsrechts von gut integrierten Personen höher.

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