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Erbschaftssteuer-Initiative Nationale Erbschaftssteuer: Ja zur Gültigkeit, Nein zum Inhalt

Die Besteuerungskompetenz liegt heute bei den Kantonen und soll auch bei diesen bleiben. So will es der Bundesrat. Er empfiehlt die Initiative zur Einführung einer nationalen Erbschafts- und Schenkungssteuer zur Ablehnung. Der Ständerat sieht das nach eingehender Debatte ebenso.

Der Ständerat will Volk und Ständen empfehlen, die Erbschaftssteuer-Initiative abzulehnen. Aus seiner Sicht ist das Volksbegehren zwar gültig. Er sprach sich aber mit 32 zu 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen gegen die Initiative aus. Für ein Ja setzte sich eine linke Minderheit ein. Nun muss noch der Nationalrat darüber beraten.

Die Volksinitiative «Millionenerbschaften besteuern für unsere AHV (Erbschaftssteuerreform)» verlangt, dass nicht mehr jeder Kanton selbst über die Erbschafts- und Schenkungssteuer entscheidet, sondern der Bund diese Steuern zentral erhebt – rückwirkend auf Anfang 2012.

Der Steuersatz soll 20 Prozent betragen, allerdings erst ab einer Erbschaft von 2 Millionen Franken. Für Schenkungen gilt ein Freibetrag von 20'000 Franken pro Jahr und beschenkte Person. Die Einnahmen kämen zu zwei Dritteln der AHV und zu einem Drittel den Kantonen zu Gute.

Finanzen der Kantone in Gefahr?

Der Bundesrat ist gegen einen solchen Eingriff in die Steuerhoheit und das Steuersubstrat der Kantone. Obwohl heute Ehepartner und Nachkommen in fast allen Kantonen von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit seien, seien die Einnahmen daraus immer noch so beträchtlich, dass die Kantone nicht darauf verzichten könnten, argumentiert der Bundesrat.

Finanzielle Folgen für Familien

Die Initianten würden die Erbschaftssteuer für nicht verwandte Personen senken, kritisiert der Solothurner CVP-Ständerat Pirmin Bischof. Diese betrage heute in gewissen Kantonen zwischen 35 und 50 Prozent – im Gegensatz zu den 20 Prozent, von denen im Initiativtext die Rede sei.

«Das heisst, für die nicht verwandten, grossen Erben werden die Erbschaftssteuern massivst gesenkt, und für die Kinder und Enkel werden sie zum Teil verzehnfacht», rechnet Bischof vor. «Es findet eine Umverteilung statt, aber nicht von den Reichen zu den Armen, sondern von nicht verwandten Zufallsgewinnern, zu den Kindern und übrigen Nachkommen.» Einem solchen Systemwechsel könne er nicht zustimmen.

Umstrittene Rückwirkung

Als unverhältnismässig beurteilt der Bundesrat die umstrittene Rückwirkungsregelung für Schenkungen. Die Initiative sieht vor, dass Schenkungen seit dem 1. Januar 2012 nachträglich zu einer Erbschaft hinzugerechnet und somit besteuert würden.

Laut Verena Diener, Präsidentin der Staatspolitischen Kommission des Ständerats (SPK), hat die Frage der Rückwirkung zu Diskussionen in der Kommission geführt. Insbesondere die fehlende zeitliche Verhältnismässigkeit sei kritisiert worden, so Diener. Die Erbschaftssteuerreform – falls vom Volk angenommen – könnte erst 2019 in Kraft treten. Die Rückwirkung würde in diesem Fall sieben Jahre betragen.

«Tropfen auf den heissen Stein»

Unterstützt wird Diener in der Diskussion von FDP-Vertreter Hans Hess: «Was ist das für ein Staat, wenn er nach Gutdünken rückwirkend Recht setzen kann, wonach die Bürger plötzlich für eine Handlung bestraft beziehungsweise zur Kasse gebeten werden, obwohl zum konkreten Zeitpunkt noch gar kein Gesetz dafür bestand.»

Zur Sicherung der AHV sei die Initiative zudem nur ein «Tropfen auf den heissen Stein», so Hess weiter. «Als Föderalist bin ich gegen den Eingriff in ein austariertes System.» Er plädiert für die Ablehnung der Einführung einer nationalen Erbschafts- und Schenkungssteuer.

SP-Präsident und Ständerat Christian Levrat hingegen widerspricht dem Tenor im Ständerat: Die Frage der Rückwirkung sei eine politische, nicht eine juristische Frage.

«Der Effekt wurde erwartet»

Seiner Meinung nach handelt es sich bei der Besteuerung retour bis 2012 nicht um einen Fall von Rückwirkung ohne Vorwarnung, sondern um eine vorgezogene Anwendung der Initiative. «Niemand wäre davon überrascht, da der Text der Initiative ja schon bekannt ist. Schon vor dem im Initiativtext genannten Datum haben sich Notare damit beschäftigt. Der Effekt wurde erwartet, es war keine Überraschung für die Betroffenen.»

Der Passus hatte dafür gesorgt, dass Ende 2011 in der ganzen Schweiz Immobilien im Milliardenwert verschenkt wurden.

Frage nach der Gültigkeit

Der Ständerat hatte das Geschäft in der Sommersession an die vorberatende Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) zurückgewiesen, um die Frage nach der Gültigkeit der Initiative genauer unter die Lupe nehmen. In einem Mitbericht ist die SPK zum Schluss gekommen, dass das Volksbegehren gültig ist. Die Mehrheit der WAK teilte diese Einschätzung.

Hinter der Initiative stehen die Parteien EVP, SP, Grüne und CSP sowie der Schweizerische Gewerkschaftsbund und die christliche Organisation ChristNet. Vor das Volk kommt die Vorlage frühestens im nächsten Jahr.

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