Mit den letzten Wahlen 2019 wurden so viele Neulinge ins Parlament gewählt wie nie zuvor. Sie alle mussten sich beweisen, in der Partei, in Kommissionen, im Parlament. Wir haben mit vier Durchstarterinnen und Durchstartern gesprochen – mit solchen, die in diesen vier Jahren schon etwas erreicht haben – und ihre wichtigsten Aussagen zusammengetragen.
Andri Silberschmidt (FDP)
Alter: 26. Februar 1994
Wohnort: Zürich
Politische Themen: Altersvorsorge, Unternehmertum, Bildung
Lieblingsplatz im Bundeshaus: Bundeshausterrasse
«Ich habe meine politische Karriere nie geplant, maximal ein bis zwei Jahre im Voraus. Für mich war lange nicht klar, dass ich Nationalrat werden will.
Als ich in Bern angekommen bin, war das Zweikammersystem (Anm. der Red: National- und Ständerat) das grosse, neue Thema für mich. Jedes Geschäft kommt mit dem Zweitrat in ein komplett neues Parlament. Das macht es manchmal schwierig, manchmal ist es aber gut. Wenn man ein ungutes Gefühl hat, weiss man, dass der andere Rat noch verbessern kann.
Obwohl ich jung Nationalrat geworden bin, stehe ich weiter mit beiden Beinen auf dem Boden. Als Politiker ist es anstrengend, dass man auf Schritt und Tritt verfolgt wird. Unperfektes Verhalten kann so zu einem Stolperstein werden. Zum Teil warten Medienschaffende nur darauf, dass Politiker und Politikerinnen einen Fehler machen, um diesen auszuschlachten. Das bedeutet, dass man immer genau aufpassen muss, wie man sich verhält.
Mein Lieblingsplatz ist die Bundeshausterrasse, hier komme ich ab und an während den Sessionen raus, um etwas frische Luft zu atmen und den Blick in die Berge zu geniessen.»
Martina Bircher (SVP)
Geburtstag: 13. April 1984
Wohnort: Aarburg AG
Politische Themen: Asyl, Sozialhilfe
Lieblingsplatz im Bundeshaus: Kommissionszimmer
«Mein politischer Erfolg beruht auf 9 Stimmen Unterschied. Ich habe 2013, als ich ein halbes Jahr in der neuen Wohngemeinde gewohnt habe, als Gemeinderätin kandidiert. Ich wurde mit 9 Stimmen Abstand zum sechstplatzierten gewählt, so wurde meine politische Karriere lanciert.
Politik ist wie Sport, je besser man den Gegner kennt, desto besser kann man reagieren. Ich glaube, das ist sehr wichtig. Man muss auch ehrlich sein, auch mit sich selber, damit man am Abend in den Spiegel schauen kann und zufrieden ist.
Als junge Frau muss man auch mal mehr geben als 100 Prozent, damit man von den älteren Herren – unabhängig der Partei- ernst genommen wird.
Mein Lieblingsplatz ist in der Kommission, dort findet die politische Arbeit statt. Dort ringt man um Kompromisse, dort spielt die Musik.»
Jon Pult (SP)
Alter: 12. Oktober 1984
Wohnort: Chur GR
Politische Themen: Klima- und Umweltpolitik, Gleichstellung
Lieblingsplatz im Bundeshaus: Im Nationalratssaal
«Ich mache mit sehr viel Leidenschaft Politik. Für mich ist die Arbeit als Nationalrat ein Kontinuum meiner Arbeit als Politiker, von der Gemeinde- über die Kantonsebene, nun in der nationalen Politik. Es wurde mit jedem Schritt noch etwas intensiver, noch anstrengender, aber auch noch interessanter.
In der Schweizer Politik ist Engagement die wichtigste Währung. Wer fleissig und motiviert ist, dem vertrauen andere Politikerinnen und Politiker.
Man muss einen Mittelweg finden zwischen Idealismus und der Lust am Spielen. Man muss Freude haben an der politischen Taktik. Spielerisch sein ist wichtig, im Sinne von Mehrheiten suchen, und auch mal wissen, wann ich mit wem zusammenarbeiten muss. Manchmal finden sich Mehrheiten in einem anderen Lager, manchmal muss man auch Ideen Politikerinnen und Politikern von anderen Parteien geben.
Einer meiner Lieblingsplätze ist im Rat – neben meinen Parteikollegen Sandra Locher und Matthias Aebischer.»
Marionna Schlatter (Grüne)
Geburtstag: 14. November 1980
Wohnort: Hinwil ZH
Politische Themen: Sicherheitspolitik, Biodiversität
Lieblingsplatz im Bundeshaus: Hinter der Kuppel des Bundeshauses
«Eine politische Karriere kann man nicht planen. Ich sage oft, Politik macht mit einem. Da muss man zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.
Es ist wichtig, dass man auch Arbeit im Hintergrund macht. Ich habe zehn Jahre lang als Parteipräsidentin der Zürcher Grünen gearbeitet – da ist die Loyalität hoch.
Die Grünen haben eine spezielle Rolle in diesem Parlament, wir sind Oppositionspartei. Wir können entscheiden, worüber man spricht, aber wir sind meist nicht mehrheitsfähig.
Man muss sich auch mal mit Kleinigkeiten zufriedengeben. Als grüne Politikerin muss man auch immer wieder mit den Mitte-Parteien das Gespräch suchen, und immer wieder versuchen, Mehrheiten zu finden. Hierzu gehört auch viel Strategie.
In die Kommissionsarbeit muss man hineinkommen. Da lernt man auch, wann der richtige Moment für einen Vorschlag einzubringen ist. Oft entscheidet nicht der Inhalt, ob etwas erfolgreich ist, sondern auch der Zeitpunkt. Hier muss ein «Gspüri» dafür entwickelt werden.
Mein Lieblingsplatz ist hinter der Glaskuppel des Bundeshauses, vor dem Fraktionszimmer der Grünen. Hier ist es auch während der hektischen Session sehr ruhig, hier kann man sich auch mal zurückziehen.»