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Schweizer Krimis sind ein Exportschlager
Aus Tagesschau vom 20.04.2023.
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Erfolgreiche Schweizer Krimis Wachsendes Interesse an Schweizer Kriminalromanen

Mord und Totschlag in der heilen Schweizer Bergwelt. Dieser Kontrast erzeugt Spannung, die sich auch international gut verkaufen lässt. Fremdsprachige Verlage setzen auf lokale Schweizer Krimis.

Geld, Neid, Eifersucht oder gekränkter Stolz: Motive für einen Mord gibt es viele, auch in der heilen Schweiz. «Einen Bankenkrimi aus der Schweiz würde ich sofort in mein Verlagsprogramm aufnehmen», sagt Verleger François von Hurter an seinem Stand an der Londoner Buchmesse.

Er weiss, was es braucht, damit ein lokaler Krimi international ein Verkaufserfolg wird: «Es braucht einen einmaligen Plot, der nur an jenem Ort spielen kann. Und: Die Story muss aktuelle, gesellschaftliche Themen einschliessen – in der Schweiz zum Beispiel die Zuwanderung oder das Bankenbeben am Paradeplatz.»

François von Hurter kennt sich auch in der Bankenwelt aus. Der Schweizer war lange Investmentbanker bei der First Boston und erlebte mit, wie die US-Bank von der Credit Suisse geschluckt wurde.

Auf dem englischen Markt wächst das Interesse an Literatur aus dem deutschsprachigen Raum.
Autor: Susanne Bauknecht Leiterin Lizenzabteilung Diogenes-Verlag

Vor 20 Jahren hat Von Hurter den Verlag Bitter-Lemon-Press mitgegründet und bringt jährlich fünf bis sechs fremdsprachige Krimis auf Englisch heraus. Darunter auch die Wachtmeister-Studer-Krimis von Friedrich Glauser. Oder die Hunkeler-Krimis von Hansjörg Schneider: Dieses Jahr erscheint mit «Hunkeler und der Fall Livius» der dritte Band als Übersetzung beim Londoner Kleinverlag – und wird im ganzen englischsprachigen Raum vertrieben. «Die beiden ersten Hunkeler-Bände hatten grossen Erfolg», so Von Hurter.

Die Hunkeler-Krimis dem Londoner Verleger schmackhaft gemacht, hat Susanne Bauknecht vom Zürcher Diogenes-Verlag. Bauknecht leitet die Lizenzabteilung und führt an der Londoner Buchmesse pausenlos Verkaufsgespräche.

Susanne Bauknecht
Legende: Susanne Bauknecht ist Leiterin Lizenzen beim Diogenes-Verlag. srf

«Auf dem englischen Markt wächst das Interesse an Literatur aus dem deutschsprachigen Raum – seit einigen Jahren schon», sagt Bauknecht. Die skandinavischen Krimis von Henning Mankell oder Stieg Larsson hätten den Boden für übersetzte Kriminalromane bereitet.

Wo werden am meisten Schweizer Krimis gelesen?

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In der Schweiz werden am meisten Schweizer Krimis gelesen, obwohl es dazu keine verlässliche Auswertung gibt. Gemessen an den Verkaufszahlen werden in Deutschland am meisten Krimis von Schweizer Autorinnen und Autoren gelesen. Das zeigt ein Blick auf die «Spiegel»-Bestseller-Liste. Da liegt gegenwärtig der neue Roman «Melody» von Martin Suter auf Platz 1.

Auch die Schweizer Leserschaft mag es Schweizerisch: Krimi-Königin ist seit einigen Jahren die Bernerin Christine Brand. Ihr vierter Band der Krimi-Reihe «Milla Nova» sprang im vergangenen Mai bei seiner Veröffentlichung direkt auf Platz 1 der Schweizer Bestseller-Liste und blieb mehrere Wochen dort; während mehrere weitere Krimis von Brand in den Top 20 verharrten.

Krimis sind die drittliebste Literaturgattung der Schweizerinnen und Schweizer, wie das Bundesamt für Statistik 2019 erstmals erhoben hat. 41 Prozent der Bevölkerung gab an, in den 12 Monaten zuvor einen Kriminalroman oder einen Thriller gelesen zu haben. Am meisten lesen Schweizerinnen und Schweizer Ratgeber – beim Kochen, Basteln, Gärtnern oder Reisen.

Auf die nordische Welle folgte eine australische, eine japanische – und gegenwärtig seien deutschsprachige Kriminalromane im Trend. Darunter sogar Erstlingswerke von jungen Schweizer Autorinnen und Autoren. 

Sereina Koblers Erstling startet durch

Wie gut sich deutschsprachige Krimis gegenwärtig verkaufen, zeigt das Beispiel des ersten Zürich-Krimis von Sereina Kobler. Schon vor seiner Veröffentlichung auf Deutsch im Sommer 2022, sicherte sich der Londoner Verlag Pushkin-Press die Rechte für den weltweiten Vertrieb auf Englisch – bei Susanne Bauknecht. «Das ist untypisch. Üblicherweise schauen die Verlage zuerst, wie erfolgreich ein Werk auf dem Heimmarkt ist und wie gute Noten es in den Literaturbesprechungen bekommt», sagt Bauknecht.

Der Zürich-Krimi von Sereina Kobler kommt im November auf Englisch in den Verkauf. Pushkin-Press-Mitarbeiter Daniel Seton sagt: «Der Plot hat mich sofort überzeugt – noch vor der vollständigen Übersetzung: Eine junge Kommissarin, die sich bei den Ermittlungen mit Fortpflanzungsmedizin und Biotechnologie befasst. Das sind Themen, die weit über die Schweiz hinaus beschäftigen.»

Warum haben es Schweizer Bücher schwer auf dem englischen Markt?

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Legende: Myriam Lang ist Leiterin Messen und Promotion beim Schweizer Buchhandels- und Verlagsverband. srf

Hauptgrund ist sicherlich die Sprachbarriere: Bücher müssen zuerst übersetzt werden, bevor sie an Messen – wie der Book Fair London – den englischsprachigen Verlagen vorgelegt werden können. «Das ist eine grosse Hürde», sagt Myriam Lang vom Schweizer Buchhandels- und Verlagsverband. «Eine gute Übersetzung geht ins Geld – ist aber entscheidend für den Erfolg eines Buches.» Sehr hilfreich sei es, dass die öffentliche Kulturstiftung Pro Helvetia sich an den Übersetzungskosten von Schweizer Literatur beteilige – «auf Gesuch eines fremdsprachigen Verlages, der die Rechte eines Schweizer Werkes erworben hat», sagt Lang.

Diese Unterstützung könne einen Rechtekauf mitentscheiden, bestätigt Daniel Seton vom Londoner Pushkin-Verlag, der die Rechte für den ersten Zürich-Krimi von Sereina Kobler vom Diogenes-Verlag erworben hat. Er wird Koblers «Tiefes, Dunkles Blau» im November auf Englisch herausbringen. «Eine Übersetzung ist eine grosse Anfangsinvestition – noch bevor das Buch etwas eingebracht hat. Das muss gut überlegt sein, gerade für kleine, unabhängige Verlage», sagt Seton.

Und natürlich spiele auch die Verortung des Kriminalfalls im beschaulichen Zürich eine Rolle. «Mein Krimi-Publikum liebt es, beim Lesen in ein anderes Land entführt zu werden – in die schöne Schweiz zum Beispiel, in die Berge oder an einen See», erklärt Seton.

Den Schweizer Krimi-Autorinnen und -Autoren kann es nur recht sein, wenn Swissness zieht.

Tagesschau, 20.04.2023, 19:30 Uhr

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