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Erziehung Gewaltfreie Erziehung soll explizit im Gesetz verankert werden

  • Ob der Grundsatz der gewaltfreien Erziehung ausdrücklich im Gesetz verankert wird oder nicht, hat das Parlament zu entscheiden.
  • Der Bundesrat hat die Botschaft dazu verabschiedet.
  • Auch der Zugang zu Beratungsangeboten für Eltern und Kinder soll verbessert werden.

Der Bundesrat schlägt eine Verpflichtung vor, Kinder ohne Anwendung von Gewalt zu erziehen. Bereits heute sei zwar nach geltendem Recht Gewalt gegenüber Kindern im Rahmen der elterlichen Erziehung nicht erlaubt. Der Bundesrat und das Parlament, das einem entsprechenden Vorstoss zustimmte, möchten den Grundsatz aber ausdrücklich im Gesetz niederschreiben.

«Mehrheitlich positive Rückmeldungen»

Im Sommer 2023 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung für eine entsprechende Änderung des Zivilgesetzbuchs (ZGB). Nun nahm er von den «mehrheitlich positiven Rückmeldungen» Kenntnis. Nur die SVP lehnte die Vorlage vollumfänglich ab. Die anderen Parteien sowie die Kantone und Organisationen, die an der Vernehmlassung teilnahmen, begrüssten den Vorentwurf zumindest im Grundsatz.

Die neue Bestimmung habe Leitbildcharakter, schrieb der Bundesrat. Sie sei ein klares Signal an die Gesellschaft: Gewalt in der Erziehung, namentlich körperliche Bestrafungen und andere Formen erniedrigender Behandlung von Kindern, werde nicht toleriert.

Wie gelingt gewaltfreie Erziehung?

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Daniela Holenstein ist Elternbildnerin, gibt Erziehungskurse und kennt Hilfestellungen, die einer gewaltfreien Erziehung förderlich sind :

Liebe / Annahme / Vertrauen

Stärkung der psychischen Grundbedürfnisse: Dem Kind vermitteln, dass es genau richtig ist, wie es ist, dass es ein Wunschkind ist. Das Kind fühlt sich dadurch geborgen, angenommen und sicher. Das ist die Basis der ganzen tragfähigen Beziehung und stärkt die Resilienz. Das Kind lernt dadurch: «Ich werde Herausforderungen in meinem Leben meistern, denn mit mir ist alles richtig.»

Die eigenen Gefühle ausdrücken

Eltern sprechen über die eigenen Gefühle. So werden sie für das Kind lesbar. Und: Das Kind lernt dadurch, seine eigenen Emotionen zu verstehen und zu benennen. Sie müssen ihre Gefühle nicht unterdrücken: Anstatt den Teddybären zu zerstören, können sie verbalisieren, dass sie wütend sind.

Aktives Zuhören

Eltern hören zu und lassen das Kind ausreden. Dabei kann es passieren, dass dem Kind gute Ideen in den Sinn kommen.

Problemlösefragen / analysierende Befragung

Eltern fühlen sich in das Kind ein und stellen gute Fragen, sie bleiben im Dialog mit den Kindern und lösen nicht ihre Probleme. Über gute Fragen befähigen sie das Kind, Lösungen für das Problem zu finden.

Reframing

«Achte auf die positiven Seiten deines Kindes.» Eltern fokussieren sich nicht darauf, was das Kind nicht kann oder schon können sollte, weil es andere Kinder bereits können. Eltern fokussieren sich darauf, was das Kind schon kann und sagen ihm das auch.

Humor

«Humor ist das beste Werkzeug in der Pubertät», sagt Daniela Holenstein, insbesondere die paradoxe Intervention. Das bedeutet: Etwas Überraschendes oder das totale Gegenteil tun: «Schrei lauter, Anna, noch lauter. Die Nachbarn von gegenüber hören dich noch gar nicht.» Paradoxe Interventionen brauchen manchmal Mut und viel Kreativität.

Auch in Zukunft sollen die Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder autonom bleiben, wie es weiter hiess. Eine bestimmte Erziehungsmethode schlage der Bundesrat nicht vor.

Laut Communiqué sollen bereits bestehende, aber teilweise regional unterschiedliche und niederschwellige Beratungs- und Hilfsangebote für Eltern und Kinder ausgebaut beziehungsweise der Zugang dazu verbessert werden. Die Kantone sollen dafür sorgen, dass ausreichend Beratungsstellen sowie Unterstützungsangebote zur Verfügung stehen.

SRF 4 News, 13.09.2024, 15:30 Uhr ; 

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