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Ethische Bedenken Öffentliche Beschaffung von chinesischen Kameras in der Kritik

Politiker und Menschenrechtsorganisationen verurteilen die Verwendung von chinesischen Sicherheitskameras durch Schweizer Behörden. SRF Investigativ hat aufgedeckt, dass mehrere Schweizer Städte chinesische Überwachungstechnologie einsetzen.

Schweizer Behörden setzen Überwachungsprodukte der chinesischen Hersteller Hikvision und Dahua ein. Das hat SRF Investigativ aufgedeckt. Im Ausland wird vor der Verwendung von Kameras dieser Hersteller wegen möglicher Sicherheitslücken gewarnt. In einem Test ist es einem Experten gelungen, ein gängiges Modell von Hikvision zu hacken.

Neben Sicherheitsbedenken gibt es gegenüber den chinesischen Unternehmen auch ethische Vorbehalte. Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass Hikvision und Dahua mit ihrer Technologie in Menschenrechtsverletzungen in der Region Xinjiang involviert und bei der Unterdrückung der Uiguren beteiligt seien.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GFBV) sieht deshalb in der Beschaffung solcher Produkte ein ethisches Problem: «Öffentliche Beschaffer stehen hier besonders in der Verantwortung, eine gründliche Sorgfaltsprüfung durchzuführen», sagt Fabienne Krebs von GFBV. «Einerseits setzen sie dafür öffentliche Gelder ein. Andererseits haben sie eine gewisse Vorbildrolle.»

Hikvision und Dahua haben mit der chinesischen Regierung und öffentlichen Sicherheitsbehörden in Xinjiang Verträge von mehreren hundert Millionen Dollar abgeschlossen. Das ist bekannt geworden aufgrund von Informationen von IPVM in den USA, einer Organisation, die Überwachungstechnologien erforscht.

Die Unternehmen würden eine Schlüsselrolle bei Menschenrechtsverletzungen einnehmen, so Krebs. «Wer Produkte von Hikvision und ähnlichen Firmen bezieht, der unterstützt diese Unterdrückungspolitik indirekt.»

«Der Einsatz der Kameras dieser Hersteller wirft durchaus Fragen auf», sagt auch Lukas Hafner von Amnesty International in der Schweiz. Das Europäische Parlament hat letztes Jahr beschlossen, bereits eingebaute Produkte von Hikvision zu entfernen wegen des Vorwurfs, dass Hikvision an Menschenrechtsverletzungen beteiligt sei.

Hikvision und Dahua in der Xinjiang Region

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Seit 2016 sind die beiden Unternehmen Hikvison und Dahua an milliardenschweren Regierungsverträgen in Xinjiang mit Überwachungsprojekten beteiligt. In einem Vertrag hat Hikvision zugestimmt, Gesichtserkennungskameras am Eingang jeder der ungefähr 1000 Moscheen zu installieren, wie IPVM schreibt.

Nationalrätin Marionna Schlatter (Grüne/ZH) und Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission sagt: «Unternehmen, welche direkt an Menschenrechtsverstössen beteiligt sind oder explizit Technologien herstellen, die zur Unterdrückung von Menschen benützt werden, haben in der Schweiz nichts zu suchen.» Wenn die öffentliche Hand solche Technologien beschaffe oder in sie investiere, untergrabe sie die Menschenrechte.

Im März hat der Nationalrat eine Motion von Ida Glanzmann-Hunkeler (Mitte/LU) angenommen. Sie verlangt, dass bei Informatik-Beschaffungen Schweizer Anbieter gegenüber ausländischen bevorzugt werden. Auch der Zuger SVP-Regierungsrat Heinz Tännler sagte «10vor10»: «Man muss zurückhaltend sein, wenn es um chinesische Angebote geht.»

Video
Heinz Tännler im Studiogespräch
Aus 10 vor 10 vom 19.05.2022.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 39 Sekunden.

SRF Investigativ fand heraus, dass neben anderen Städten insbesondere die Stadt Zürich Kameras von Hikvision einsetzt. Das stösst bei Politikern auf Kritik: Gemeinderat Luca Maggi (Grüne) sagt: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Mehrheit im Parlament Videoüberwachungskameras eines solchen Anbieters gutheissen würde.» Es stehe einer Stadt wie Zürich schlecht an, bei der Videoüberwachung die gleichen Anbieter zu wählen wie Staaten, in denen Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung seien.

Hikvision verweist beim Vorwurf, an der Überwachung und Unterdrückung der Uiguren beteiligt zu sein, auf seinen Nachhaltigkeitsbericht und hebt hervor, Menschenrechte einzuhalten. Dahua sagt dazu, dass das Unternehmen in keinem Land, in dem es tätig sei, direkt oder indirekt an der Förderung von Menschenrechtsverletzungen beteiligt sei.

SRF 1, 10 vor 10, 19.05.2022, 21:50 Uhr

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