Die Bergspitzen der Voralpen am Horizont sind bereits weiss, die Hügel im Vordergrund noch grün. Die Wälder und Moorlandschaften rund um den Gurnigel zeichnen den Naturpark Gantrisch aus. Dass man aber bereits seit mehreren Kilometern im Naturpark ist, merkt man kaum. Denn es gibt kein Eingangstor, kein sichtbarer Anfang und kein Ende.
-
Bild 1 von 7. Wandern ist im Naturpark Gantrisch beliebt. Insbesondere in der Gurnigel-Region. Da kann es an einem sonnigen Tag am Wochenende schon mal eng werden. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 2 von 7. Besonders im Sommer zieht die Gurnigel-Region viele Töfffahrerinnen und Töfffahrer an. Oder wie hier im Bild am Gurnigel-Rennen viele Zuschauer. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 3 von 7. Im Winter lockt der Naturpark mit Winterwanderwegen, Schneeschuhpisten oder Langlaufstrecken. Insbesondere wenn es im Mittelland Nebel hat, flüchten viele in die Gurnigel-Region. Bildquelle: Marielle Gygax/SRF.
-
Bild 4 von 7. Auch das ist der Naturpark: er erstreckt sich über 20 Gemeinden in den Kantonen Bern und Freiburg. Er hat ein Budget von rund 2.3 Millionen Franken pro Jahr. 1.5 Millionen Franken kommen von Bund und Kantonen, 180'000 Franken von den Gemeinden, der Rest von Sponsoren. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 5 von 7. Auch das gehört zum Naturpark Gantrisch: tiefe Schluchten, Gräben und Auenlandschaften rund um die Sense und das Schwarzwasser. Und Grillstellen wie hier am Sodbach. Bildquelle: Marielle Gygax/SRF.
-
Bild 6 von 7. Vom Naturpark aus kann man viele Sterne mit blossem Auge sehen, die Voralpen formieren eine natürliche Dunkelkammer. Dass der Park aber nächtliche Führungen anbietet, kritisiert Pro Natura Bern. Bildquelle: Keystone.
-
Bild 7 von 7. In der Nacht dürfe man die Tiere nicht stören. Der Naturpark entgegnet, man wolle ja genau auf dieses Problem hinweisen und mit den Führungen sensibilisieren. Bildquelle: Keystone.
«Man stellt sich unter dem Label Naturpark häufig etwas wie einen Zoo oder einen Tierpark vor. Das ist es aber nicht», sagt Ramona Gloor, die beim Naturpark Gantrisch für das Marketing und die Besucherlenkung zuständig ist.
Für mich ist dies ein Lockvogel.
Hier beginnt jedoch die Kritik am Naturpark. Das Label sei ein Etikettenschwindel, sagen Naturschutzorganisationen. «Der Begriff Naturpark löst eine Assoziation aus, die nicht dem entspricht, was man da vorfindet», sagt Verena Wagner, Präsidentin von Pro Natura Bern. «Für mich ist dies ein Lockvogel.»
Mit Naturpark Touristen anziehen
Viele Naturpärke würden ihren Fokus auf die touristische Vermarktung ihrer Landschaften setzen, heisst es zudem bei Pro Natura Schweiz. Lokale Produkte wie zum Beispiel Wein, Käse oder Most seien mit dem Label des regionalen Naturparks geschmückt. In den Naturschutz hingegen werde zu wenig investiert.
Verena Wagner von der regionalen Sektion Bern zeigt ihre Kritik am Beispiel vom Naturpark Gantrisch auf. Der Naturpark investiere zwar viel in den Landschaftsschutz, was gut sei. Aber er müsse mehr machen, um für bedrohte Arten einen Lebensraum zu schaffen oder diesen zu verbessern.
Macht der Naturpark Gantrisch zu wenig für die Natur? «Das ist Ansichtssache», sagt Geschäftsführer Christoph Kauz. «Wir haben sicher das Gefühl, wir könnten mehr machen.» Auf der anderen Seite kritisiere aber auch die Wirtschaft, der Naturpark mache zu wenig für sie.
Nachhaltigkeits- statt Naturpark
Genau da liegt der Knackpunkt: Das Label Naturpark sagt nämlich, dass sich der Park zu gleichen Teilen für die Natur, aber auch für eine nachhaltige Wirtschaft und Gesellschaft einsetzen muss. Also doch kein eigentlicher Naturpark? «Man könnte sagen, dass wir ein Förderinstrument in die Nachhaltigkeit sind», sagt Kauz.
Das kommt auch wieder der Natur zugute.
Man könnte also von einem Nachhaltigkeits-Park sprechen, der einen Spagat zwischen den Interessen der Natur, der Wirtschaft und der Gesellschaft macht. Das sei nicht immer einfach, sagt Kauz. Die Vermittlerrolle des Parks sei aber wichtig. «Wenn wir jemandem aus der Wirtschaft erklären, wieso wir etwas für die Natur machen, steigt die Akzeptanz für deren Schutz.» Das komme auch wieder der Natur zugute.
Der Naturpark Gantrisch besitze nämlich kein eigenes Land. Um etwas für die Natur zu tun, etwas an der Landschaft zu ändern, brauche es immer erst das Einverständnis der Gemeinden oder der Landwirte, denen das Land gehört.
-
Bild 1 von 6. Der Gäggersteg führt durch ein Waldreservat. Da herrscht normalerweise ein Betretungsverbot. «Mit dem Steg haben wir diese Natur zugänglich gemacht», sagt Ramona Gloor vom Naturpark. Bildquelle: Marielle Gygax/SRF.
-
Bild 2 von 6. Der Steg wurde erstmals nach dem Sturm Lothar 1999 gebaut und musste nun nach 20 Jahren erneuert werden. Bildquelle: Marielle Gygax/SRF.
-
Bild 3 von 6. Dabei hätte der Park die Natur, die Wirtschaft und die Gesellschaft verbinden können. Für die Arbeit am Steg hätten sich nämlich Holzbaufirmen aus der Region zusammengetan, Lehrlinge aus dem Kanton hätten daran gearbeitet und die Burgergemeinde habe das Holz gratis gespendet. Bildquelle: Marielle Gygax/SRF.
-
Bild 4 von 6. Mit Tafeln und Führungen könne man den Leuten die Natur näherbringen, so Gloor. «Da steht die ganze Region dahinter.». Bildquelle: Marielle Gygax/SRF.
-
Bild 5 von 6. Ist dies auch naturgerecht? Ja, meint Fabian Reichenbar, der für die Natur und Landschaft beim Naturpark verantwortlich ist und gemeinsam mit Ramona Gloor über den Steg läuft. Bildquelle: Marielle Gygax/SRF.
-
Bild 6 von 6. «Wenn die Leute quer durch den Wald laufen würden, wäre es ein Problem.» Hier seien die Leute aber gelenkt, die Tiere würden sich daran gewöhnen. Wie das Birkenhuhn, das hier nachgebaut wurde, um es den Leuten zu zeigen. Bildquelle: Marielle Gygax/SRF.
Eine Evaluation der Universität Bern jedenfalls hat gezeigt, dass die drei regionalen Naturpärke im Kanton Bern – Gantrisch, Diemtigtal und Chasseral – einen positiven Einfluss auf eine nachhaltige Entwicklung ihrer Region und die Aufwertung wertvoller Natur- und Landschaftswerte hätten.
Die Gemeinden, die hinter den Naturpärken im Kanton Bern stehen, haben alle in den letzten Monaten zugestimmt, das Label um weitere zehn Jahre zu erneuern.