Die Bergspitzen der Voralpen am Horizont sind bereits weiss, die Hügel im Vordergrund noch grün. Die Wälder und Moorlandschaften rund um den Gurnigel zeichnen den Naturpark Gantrisch aus. Dass man aber bereits seit mehreren Kilometern im Naturpark ist, merkt man kaum. Denn es gibt kein Eingangstor, kein sichtbarer Anfang und kein Ende.
«Man stellt sich unter dem Label Naturpark häufig etwas wie einen Zoo oder einen Tierpark vor. Das ist es aber nicht», sagt Ramona Gloor, die beim Naturpark Gantrisch für das Marketing und die Besucherlenkung zuständig ist.
Für mich ist dies ein Lockvogel.
Hier beginnt jedoch die Kritik am Naturpark. Das Label sei ein Etikettenschwindel, sagen Naturschutzorganisationen. «Der Begriff Naturpark löst eine Assoziation aus, die nicht dem entspricht, was man da vorfindet», sagt Verena Wagner, Präsidentin von Pro Natura Bern. «Für mich ist dies ein Lockvogel.»
Mit Naturpark Touristen anziehen
Viele Naturpärke würden ihren Fokus auf die touristische Vermarktung ihrer Landschaften setzen, heisst es zudem bei Pro Natura Schweiz. Lokale Produkte wie zum Beispiel Wein, Käse oder Most seien mit dem Label des regionalen Naturparks geschmückt. In den Naturschutz hingegen werde zu wenig investiert.
Verena Wagner von der regionalen Sektion Bern zeigt ihre Kritik am Beispiel vom Naturpark Gantrisch auf. Der Naturpark investiere zwar viel in den Landschaftsschutz, was gut sei. Aber er müsse mehr machen, um für bedrohte Arten einen Lebensraum zu schaffen oder diesen zu verbessern.
Was ist ein Regionaler Naturpark?
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Der Bund vergibt das Label «Regionaler Park von Nationaler Bedeutung» jeweils für zehn Jahre. Der Park muss dabei folgende Anforderungen erfüllen:
Er braucht hohe Natur- und Landschaftswerte, eine reiche Biodiversität und hochwertige Kulturgüter.
Es gibt kaum Beeinträchtigungen durch Infrastrukturen.
Der Park muss demokratisch verankert sein, Parkgemeinden müssen dahinterstehen.
Die Pärke bewahren und erhalten die Landschaft, fördern eine nachhaltige Wirtschaft in der Region. Sie bilden und sensibilisieren das Publikum.
Macht der Naturpark Gantrisch zu wenig für die Natur? «Das ist Ansichtssache», sagt Geschäftsführer Christoph Kauz. «Wir haben sicher das Gefühl, wir könnten mehr machen.» Auf der anderen Seite kritisiere aber auch die Wirtschaft, der Naturpark mache zu wenig für sie.
Nachhaltigkeits- statt Naturpark
Genau da liegt der Knackpunkt: Das Label Naturpark sagt nämlich, dass sich der Park zu gleichen Teilen für die Natur, aber auch für eine nachhaltige Wirtschaft und Gesellschaft einsetzen muss. Also doch kein eigentlicher Naturpark? «Man könnte sagen, dass wir ein Förderinstrument in die Nachhaltigkeit sind», sagt Kauz.
Das kommt auch wieder der Natur zugute.
Man könnte also von einem Nachhaltigkeits-Park sprechen, der einen Spagat zwischen den Interessen der Natur, der Wirtschaft und der Gesellschaft macht. Das sei nicht immer einfach, sagt Kauz. Die Vermittlerrolle des Parks sei aber wichtig. «Wenn wir jemandem aus der Wirtschaft erklären, wieso wir etwas für die Natur machen, steigt die Akzeptanz für deren Schutz.» Das komme auch wieder der Natur zugute.
Der Naturpark Gantrisch besitze nämlich kein eigenes Land. Um etwas für die Natur zu tun, etwas an der Landschaft zu ändern, brauche es immer erst das Einverständnis der Gemeinden oder der Landwirte, denen das Land gehört.
Eine Evaluation der Universität Bern jedenfalls hat gezeigt, dass die drei regionalen Naturpärke im Kanton Bern – Gantrisch, Diemtigtal und Chasseral – einen positiven Einfluss auf eine nachhaltige Entwicklung ihrer Region und die Aufwertung wertvoller Natur- und Landschaftswerte hätten.
Keine Kritik im Aargau
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Beim Jurapark im Kanton Aargau sieht es etwas anders aus als beim Naturpark Gantrisch. Es gebe zwar noch viel Arbeit, sagt auch Pro Natura Aargau auf Anfrage von SRF. Die regionale Sektion findet aber, es gehe in die richtige Richtung. «Der Jurapark ist eine Riesenchance für die Natur und die Region», heisst es da.
Der Jurapark sei ein positives Beispiel, wo die Zusammenarbeit zwischen Pro Natura und dem Naturpark gut laufe. Es finde ein enger Austausch statt. So habe man zahlreiche gemeinsame Projekte wie beispielsweise ein Fledermaus-Haus.
Das Marketing des Juraparks sei befruchtend für den Naturschutz und habe eine positive Wechselwirkung, weil man damit zeige, dass mit dem Naturschutz gute Produkte entstünden.
Die Gemeinden, die hinter den Naturpärken im Kanton Bern stehen, haben alle in den letzten Monaten zugestimmt, das Label um weitere zehn Jahre zu erneuern.
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