Zum Inhalt springen

Ewigkeitschemikalien Verbot der Trinkwassernutzung wegen Flughafen im Elsass bei Basel

Quelle dieser Altlast ist nicht die chemische Industrie, sondern der Flughafen Basel-Mülhausen mit Feuerlöschübungen.

Chemie im Trinkwasser sorgt in elf Elsässer Gemeinden an der Grenze zu Basel für Aufregung: Hahnenwasser wird verboten für Schwangere, Kleinkinder, Schwerkranke und andere verletzliche Personen. Das hat die Präfektur des Departementes Haut-Rhin verfügt. Im betroffenen Gebiet leben rund 60'000 Menschen.

Grund für diese einschneidende Massnahme sind sogenannte PFAS, die bis das Vierfachen des Grenzwertes von 0.1 Mikrogramm pro Liter Trinkwasser aufweisen. Diese gesundheitsgefährdenden Chemikalien seien mit Löschmitteln auf dem Flughafen Basel-Mülhausen ins Grundwasser gelangt, namentlich bei Feuerwehrübungen.

Feuerwehrübung am Flughafen
Legende: Bei Feuerwehrübungen am «Euroairport» wurden bis 2017 PFAS-haltige Löschschäume verwendet. (Archivbild von 2013) Keystone/Georgios Kefalas

Trotz direkter Nachbarschaft ist das Trinkwasser in Basel und Allschwil BL nicht betroffen, weil dieses dort nicht aus Grundwasser gewonnen wird, sondern aus Rheinwasser. Darin sind laut dem Basler Kantonschemiker Yves Parrat weit weniger PFAS, und Aktivkohlefilter würden diese Stoffe bei der Aufbereitung zu Leitungswasser eliminieren.

Dennoch spricht Parrat von einer «besorgniserregenden Situation». Auch im Basler Grundwasser habe es PFAS. Und da seien diese Stoffe nicht mehr herauszuholen, weil dazu die Technik und Rechtsgrundlagen fehlten.

Von der Wundertechnik zum Umweltalptraum

Box aufklappen Box zuklappen

Unter dem Kürzel «PFAS» werden diverse per- und polyfluorierte Alkylverbindungen summiert. Weil sie unter anderem Wasser abweisen und Hitze widerstehen können, wurden sie vielfach industriell verwendet, etwa in Regenkleidern, Bratpfannen, Skiwachs oder eben Löschmitteln.

Weil sie so stabil und langlebig sind, sind sie kaum abbaubar und reichern sich in der Nahrungskette an – da steht der Mensch weit oben. So akkumulieren sich auch sehr tiefe PFAS-Belastungen zum Beispiel des Trinkwassers mit der Zeit im Körper. Auch über Fleisch oder Fisch aus belasteter Umgebung kann man es aufnehmen. Die Stoffgruppe gilt teils als krebserregend und steht im Verdacht, auch bei Parkinson und Alzheimer eine Rolle zu spielen.

Das wollen zwei überwiesene Vorstösse auf Bundesebene ändern. GLP-Ständerätin Tiana Angelina Moser will einen Aktionsplan gegen Ewigkeitschemikalien wie PFAS. Und Mitte-Ständerätin Marianne Maret fordert die Festlegung von Grenzwerten für PFAS, damit Sanierungen schneller möglich werden. Dabei geht es teils um sehr hohe Summen.

Wasserhahn mit Glas
Legende: Verletzliche Bevölkerungsgruppen, für die das Trinwasserverbot gilt, sollen Entschädigungen für den Kauf von Mineralwasserflaschen erhalten – Details sind noch offen. Keystone/DPA/ Roland Weihrauch (Symbolbild)

PFAS sind vielerorts ein Problem. Laut dem Bundesamt für Umwelt BAFU sind diese bei erhöhten Messwerten «häufig durch den Einsatz von PFAS-haltigen Feuerlöschschäumen im Einzugsgebiet ins Grundwasser gelangt». Neben Flughäfen gilt das auch für Feuerwehr- und Zivilschutzausbildungszentren: «Wenn mit PFAS-haltigen Löschmitteln geübt worden ist, muss man aufgrund der bisherigen Erfahrungen davon ausgehen, dass diese Ausbildungszentren belastet sein können.»

Wasser beim Flughafen Zürich OK

Der Vollzug bei Altlasten sei Kantonssache, hält das BAFU fest. Der Kanton Zürich ist dabei, mutmasslich belastete Plätze zu untersuchen. Bei der Grundwasserfassung unweit des Flughafens seien die aktuellen PFAS-Grenzwerte 2023 und 2024 eingehalten worden, schreibt die Baudirektion auf Anfrage.

«Euroairport» schweigt zu seiner Altlast

Box aufklappen Box zuklappen
Löschfahrzeug des Flughafens Basel-Mülhausen
Legende: Ein Löschfahrzeug des Flughafens Basel-Mülhausen. Keystone/Georgios Kefalas

Der Flughafen Basel-Mülhausen als Verursacher dieser Grundwasseraltlast wollte auf Anfrage von SRF nicht Stellung nehmen. Er verweist auf die Informationen der Präfektur des Departements Haut-Rhin.

Die französischen Behörden wissen seit 2023 vom PFAS-Problem um den Flughafen. Bisherige Massnahmen wie das Mischen verschiedener Wasserquellen haben nicht gereicht. Von handelsüblichen Filterkaraffen rät die Präfektur wegen unklarer PFAS-Tauglichkeit ab. Manche Leute haben wegen dieser Belastung bereits selber Aktivkohlefilter in ihre Hausleitungen eingebaut.

Der «Euroairport» ist als binationaler Flughafen von Frankreich und der Schweiz ein weltweites Unikum. Er steht rund drei Kilometer vor der Grenze ganz auf französischem Boden. Gemäss dem Staatsvertrag von 1949 sind die französischen Behörden für den Flugbetrieb verantwortlich.

PFAS-Chemikalien waren just wegen ihrer Widerstandsfähigkeit lange Bestandteile von Löschschäumen. Diese waren international Standard und auch am «Euroairport» vorgeschrieben, wie die Präfektur festhält. Seit PFAS-freie Löschmittel 2017 zugelassen worden seien, habe der Flughafen nur noch solche eingesetzt.

Die Präfektur hat nun von den betroffenen Gemeinden bis Ende Jahr einen Plan verlangt, wie sie die PFAS-Werte im Trinkwasser unter den Grenzwert bekommen wollen. Kurzfristig seien mobile Wasserbehandlungsanlagen vorzusehen, mittelfristig grössere Filter-Einrichtungen.

Rue de Bâle in Saint-Louis-Bourgfelden
Legende: Die Rue de Bâle markiert die Landesgrenze: links liegt Basel, rechts Saint-Louis F – und darüber donnern Flugzeuge vom «Euroairport» Basel-Mülhausen. SRF/Roger Lange

Die Präfektur schätzt die Investitionskosten für Wasserfilter in den elf betroffenen Gemeinden auf rund 20 Millionen Euro. Dazu kommen Betriebskosten von rund 600'000 Euro jährlich. Deswegen werde der Trinkwasserpreis wohl ab 2026 erhöht.

Für den Fall, dass die PFAS-Werte im Trinkwasser auch mit den Filteranlagen zu hoch bleiben, stellt die Präfektur schärfere Nutzungseinschränkungen in Aussicht.

Regionaljournal Basel Baselland, 28.4.2025, 17:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel