- Der Veranstalter eines Tauchgangs im Rhein bei Diessenhofen TG ist verantwortlich für den Tod einer Taucherin.
- Das Bezirksgericht Frauenfeld verurteilte den 41-jährigen Schweizer wegen fahrlässiger Tötung zu einer bedingten Geldstrafe sowie zu einer Busse. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
- Die 29-jährige Taucherin war von der Schiffsschraube eines vorbeifahrenden Kursschiffes erfasst worden.
«Es sind Fehler passiert», sagte der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. Die E-Mails seien der springende Punkt. Der Veranstalter hätte genauer abklären müssen, ob die Kursschiffe wirklich nicht fahren. Beim Strafmass blieb das Gericht deutlich unter den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Es verurteilte den Beschuldigten zu einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 80 Franken mit einer Probezeit von zwei Jahren und zu einer Busse von 1000 Franken. Ausserdem ist der Mann grundsätzlich haftbar für die Zivilforderungen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Tauchbegleiterin geriet in Schiffsschraube
Der Beschuldigte betreibt seit 2018 eine Tauchschule. Am Ostersonntag 2021 organisierte er einen Strömungstauchgang im Rhein. 12 Taucherinnen und Taucher meldeten sich an. Das spätere Opfer engagierte er als Tauchbegleiterin. Gegen 9 Uhr begab sich die Gruppe auf Anleitung des Veranstalters zur Einstiegsstelle bei Diessenhofen. Die Gruppe tauchte in der Fahrlinie der Kursschiffe. Kurz nach 10.15 Uhr wurde die Tauchbegleiterin von der Schiffsschraube eines vorbeifahrenden Kursschiffes erfasst. Die 29-Jährige konnte eine Stunde später in einer Tiefe von 2.6 Metern von den Rettungskräften nur noch tot geborgen werden.
Missverständnis im E-Mail-Verkehr
Der Veranstalter, der über eine durch den Kanton Schaffhausen ausgestellte Rahmenbewilligung verfügte, erkundigte sich im Vorfeld bei der Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein (URh) nach dem geplanten Kursschiffverkehr. Aufgrund eines Missverständnisses im E-Mail-Verkehr ging er davon aus, am Ostersonntag verkehre im Zeitraum des Tauchgangs kein Kursschiff. «Ich habe den Ostermontag überlesen», sagte der Beschuldigte vor Gericht.
Die Frage des vorsitzenden Richters, ob bei den Mails ein Vier-Augen-Prinzip angewandt wurde, verneinte der 41-Jährige. Der Mann räumte ein, beim Ein- und Ausstiegspunkt keine Flaggen gesetzt zu haben. Es sei fraglich, was diese Flaggen brächten. Auch kleinere Schiffe seien eine Gefahr für die Taucher, weshalb er nur in der kalten Jahreszeit Tauchgänge durchführe. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass er keine Tauchbewilligung für den Kanton Thurgau habe.
Sorgfaltspflicht verletzt
Die Staatsanwaltschaft macht dem Beschuldigten den Vorwurf, die Mitteilungen nicht sorgfältig durchgelesen und sich trotz der für ihn erkennbaren Widersprüche nicht bei der Schifffahrtsgesellschaft rückversichert zu haben. Das Missverständnis sei offensichtlich gewesen. «Der Tod der 29-Jährigen hätte vermieden werden können», sagte der Staatsanwalt. Er forderte für den Beschuldigten wegen fahrlässiger Tötung eine bedingte Freiheitsstrafe von 14 Monaten und eine Busse von 5000 Franken.
Der Tod der 29-Jährigen hätte vermieden werden können.
Das Opfer sei eine leidenschaftliche Taucherin gewesen. Sie habe beim Beschuldigten die Ausbildung zur Tauchlehrerin gemacht. Sie habe sich bereit erklärt, am Ostersonntag eine Tauchgruppe zu leiten. Der Tauchgang sei vom Beschuldigten alleine geplant und durchgeführt worden. Trotz Tauchverbot sei er mit der Gruppe in den Rhein eingestiegen. Er habe mehrfach Sorgfaltspflicht widrig gehandelt, was kausal zum Tod der Taucherin geführt habe. Es müsse von Glück gesprochen werden, dass nicht noch weitere Todesopfer zu beklagen seien. Der Beschuldigte habe auch keine Hilfsperson eingesetzt, welche den Kapitän des Kursschiffes auf die Taucher aufmerksam hätte machen können.
Die Vertreterin der Privatkläger forderte für die Eltern des Opfers Schadenersatz und Genugtuung sowie eine Prozessentschädigung. Bei den Eltern habe der Unfalltod der Tochter zu depressiven Episoden geführt und sie könnten nicht mehr richtig arbeiten.
Verteidiger forderte Freispruch
Alle Taucherinnen und Taucher, die am Ostersonntag dabei waren, seien erfahren gewesen und hätten über eine Tauchbrevet verfügt, sagte der Verteidiger. Der Beschuldigte sei nicht einverstanden, dass er mehrfach pflichtwidrig gehandelt habe. Sein Verteidiger forderte einen Freispruch. Der Vorfall belaste seinen Mandanten immer noch stark. Das Setzen der Taucherflaggen hätte den Unfall nicht verhindern können, erklärte der Verteidiger.
Der Kapitän des Kursschiffes habe nach dem Sichten der ersten beiden Taucher nicht mit weiteren Tauchern im Wasser gerechnet. Der Beschuldigte lege bei den Tauchgängen grösstmöglichen Wert auf Sicherheit und habe abgeklärt, ob Kursschiffe fahren. Die Mitarbeiterin der Schifffahrtsgesellschaft habe ihm zweimal falsch Auskunft gegeben. Damit sei der Kausalzusammenhang unterbrochen worden. Der Veranstalter hätte die Teilnehmer des Tauchgangs nie wissentlich in Gefahr gebracht. Es bestehe aber immer ein Restrisiko.