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Fall Meyer-Fürst Katastrophale Zustände in Zürcher Tagesklinik

Rostige Scheren und grosse Mengen abgelaufener Medikamente: Durchsuchungsberichte dokumentieren massive Mängel.

«Im Kühlschrank gibt es neben Medikamenten auch Lebensmittel, die Personaltoilette dient auch als Küche und Umkleideraum für die Operateure.» Diese unhaltbaren Zustände dokumentierte die Heilmittelkontrolle des Kantons Zürich im Rahmen von zwei Hausdurchsuchungen 2014 und 2015 in der Tagesklinik am Bellevue in Zürich, die sich in einer ehemaligen Privatwohnung befand.

Durchsuchungsbericht.
Legende: «grosse Mengen abgelaufener, ungenügend beschrifteter (...) Medizinprodukte» wird im Durchsuchungsbericht dokumentiert. SRF

Diese Berichte liegen «Schweiz aktuell» vor und zeigen erstmals, wie katastrophal die Zustände in der Klinik waren. Anlass für die Hausdurchsuchungen waren die misslungenen Operationen des Schönheitschirurgen Dr. Peter Meyer Fürst, der in der Tagesklinik am Bellevue als Belegarzt arbeitete.

Die Klinik wurde von einem anderen Arzt geleitet. Sowohl gegen den Klinikleiter wie auch gegen Meyer Fürst wurden 2015 Strafverfahren eröffnet. Die Klinik wurde von der Zürcher Gesundheitsdirektion im Februar 2015 per Verfügung sofort geschlossen.

«Belegärzte tragen Mitverantwortung»

Erika Ziltener, Leiterin der Patientenstelle Zürich, ist schockiert über die Untersuchungsberichte: «Es waren katastrophale Zustände und eine grosse Gefahr für die Patienten, denn bei diesen Hygienemängeln besteht ein grosses Infektions-Risiko».

Für Ziltener ist klar, dass die Ärzte, die in der Klinik arbeiteten, die Missstände mitverantworten, «denn sie sahen alle, wie schlimm die Situation war». SRF konnte mit mehreren Ärzten sprechen, die in der Klinik arbeiteten. Sie alle weisen diese Vorwürfe zurück und sagen, dass ihnen nichts aufgefallen sei.

Ehemaliger Klinikleiter arbeitet wieder

Der ehemalige Leiter der Klinik am Bellevue zog seine Berufsausübungsbewilligung im Kanton Zürich zurück. Gegen ihn wurde ein Strafverfahren wegen Verstosses gegen das Heilmittelgesetz eröffnet, da er in seiner Klinik in Zürich nicht zugelassene Medikamente eingesetzt hatte.

Original Dokument

Recherchen von «Schweiz aktuell» zeigen, dass er inzwischen wieder als Arzt tätig ist, die Kantone Aargau und Schwyz haben ihm eine Berufsausübungsbewilligung erteilt, obwohl gegen ihn ein Strafverfahren läuft. Die zwei Kantone erklären, dass sie sämtliche relevanten Unterlagen gesichtet hätten und die Unschuldsvermutung gelte. Falls der ehemalige Klinikleiter verurteilt werden sollte, überprüfen die Behörden die Bewilligungsvoraussetzungen.

Patientenstelle übt Kritik

Barbara Callisaya, Leiterin der Patientenstelle Zentralschweiz, kritisiert, dass Ärzte trotz laufendem Strafverfahren eine Bewilligung erhalten: «Wenn ein Arzt eine Klinik so leitete wie die Tagesklinik in Zürich und zudem ein Strafverfahren gegen ihn läuft, ist dieser Arzt nicht vertrauenswürdig».

Roland Wespi, Vorsteher des Amtes für Gesundheit und Soziales entgegnet: «Es ist möglich und kommt vor, dass ein Arzt in ein Strafverfahren verwickelt ist. Die Strafuntersuchung kann in einem Freispruch oder mit einer Einstellung enden, deshalb wäre eine generelle Verweigerung unverhältnismässig».

Der ehemalige Klinikleiter wollte gegenüber «Schweiz aktuell» keine Stellung nehmen. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Die Redaktion «Schweiz aktuell» hat d ie Dokumente auf der Basis des Öffentlichkeitsgesetzes verlangt und erhalten.

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