Der Schweizer Terrorverdächtige Miran S. (Name geändert) gab in Kroatien noch vor zwei Monaten SRF-Reportern ein Interview. Jetzt sitzt er hinter Gittern. Gemäss Recherchen von «SRF Investigativ» und dem «Tages-Anzeiger» wurde Miran S. kurz vor der Ausstrahlung des Beitrags in Kroatien verhaftet.
Davor war er eineinhalb Jahre auf freiem Fuss gewesen. Nachdem er im Oktober 2020 aus einem Massnahmenzentrum bei Zürich geflüchtet war.
Der erste Rechtsterrorist der Schweiz?
Sicherheitsbehörden sahen in ihm den ersten Rechtsterroristen der Schweiz. Er beschäftigte das US-amerikanische FBI und den Schweizer Nachrichtendienst.
Doch als er nach Kroatien flüchtete, blieb er unbehelligt. Trotz eines Gesuchs der Schweiz – dass Kroatien ihm den Prozess machen soll. Aber als SRF Miran S. im Februar zum Interview traf, war er – wenn die Aussagen der lokalen Behörden zutreffen – verdeckt längst auf dem Radar der kroatischen Polizei.
Der zuständige kroatische Staatsanwalt bestätigt dies. Auf Anfrage schreibt er:
Der Beschuldigte wurde am 1. März 2022 nach mehrmonatigen Ermittlungen festgenommen.
Die kroatischen Behörden werfen Miran S. neue Delikte vor, die er auf kroatischem Staatsgebiet begangen haben soll. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen der folgenden Straftatbestände:
- Illegaler Besitz, Herstellung und Erwerb von Waffen und Sprengstoffen
- Schwerer Diebstahl
- Ermöglichung des Konsums von Drogen
Zur Verhaftung sei es gekommen, weil der Verdacht bestand, dass Miran S. die genannten Straftaten in Kroatien begangen hat. Der kroatische Anwalt des 20-Jährigen reagierte nicht auf mehrere Anfragen von SRF. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Kroatien will Miran S. nun auch für in der Schweiz begangene Straftaten verfolgen. Die Schweizer Justiz warf ihm vor, er habe einen Terroranschlag auf Schweizer Muslime vorbereitet. Miran S. hatte in WhatsApp-Gruppen genau damit gedroht. Im Wald experimentierte er mit Sprengstoff. Er versuchte eine Imitationswaffe schussfähig zu machen.
Der 20-Jährige hat diverse Straftaten in der Schweiz zugegeben, sich aber stets vehement gegen den Vorwurf gewehrt, einen Terroranschlag geplant zu haben. Er sagte gegenüber SRF, er habe sich nur im Internet wichtig machen und seine Chatpartner beeindrucken wollen: «Ich wäre nie dazu fähig gewesen, einen Anschlag zu verüben.» In dem Interview sagte S. auch, er habe seine frühere rechtsextreme Gesinnung abgelegt.
Gericht verlängert Untersuchungshaft
Kroatien ermittelt aufgrund der mutmasslich in der Schweiz begangenen Straftaten wegen öffentlichen Aufrufs zum Terrorismus, Waffen- und Sprengstoffvergehen, Betrug und versuchtem Betrug.
Vor einigen Monaten noch hatte Miran S. der Schweiz einen Deal für seine Rückkehr angeboten. Auf diesen gingen die Schweizer Behörden nicht ein. Nun sitzt S. seit bald zwei Monaten in einem kroatischen Gefängnis. Ein lokaler Haftrichter hat seine Untersuchungshaft kürzlich verlängert.